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Wochenende vorbei, Laune sinkt – das kennen einige Arbeitnehmer. Es geht aber auch umgekehrt: Manche schieben Frust weil Wochenende ist. Unsere Gastautorin Julia-Eva Sima weiß, was gegen den Weekend-Blues hilft.
Warum gerade die gut ausgebildeten Arbeitnehmer am Wochenende Frust schieben, hat unterschiedliche Gründe. Die Angst vor dem Stress, der sich in der kommenden Woche auf der Arbeit anbahnt, ist einer davon. So suchen betroffene Arbeitnehmer am Wochenende nach Strategien, wie sie die nächste Woche gut überstehen. Die Freizeit wird so schnell zu einer unnötigen Zeitverschwendung. Denn statt samstags und sonntags zuhause zu sitzen, könnten sie im Büro an dringenden Aufgaben arbeiten. Dabei ist es aber nicht nur das eigentliche Arbeitspensum, das Mitarbeitern schon am Wochenende die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Zum großen Teil hängt die Niedergeschlagenheit in der Freizeit auch damit zusammen, dass die Herausforderungen für Führungskräfte schlechter einschätzbar sind. Ständige Erreichbarkeit, Überstunden und räumliche und zeitliche Flexibilität sind nur einige der Dinge, die Arbeitnehmer in Stress versetzen können.
Ein weiterer Grund für den Weekend-Blues scheint zu sein, dass sich viele Führungskräfte über ihre Arbeit und das, was sie täglich leisten, definieren. Am Wochenende, wenn die Arbeit ruht, fehlt diese Möglichkeit. So könnte man schnell auf die Idee kommen, dass der Weekend-Blues eine Begleiterscheinung der neuen Arbeitswelt ist. Dem ist aber gar nicht so. Denn erstmalig wurde das Phänomen schon zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts von dem ungarischen Psychoanalytiker Sándor Ferenczi beschrieben. Er stellte bei einigen seiner Patienten regelmäßig wiederkehrende Beschwerden fest – und zwar immer dann, wenn diese arbeitsfrei hatten. Die äußerten sich nicht nur in Niedergeschlagenheit, sondern in handfesten körperlichen Symptomen: angefangen bei Kopfschmerzen über Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu Schüttelfrost und Erbrechen.
Auf diese etwas plakative Formel lassen sich die Ergebnisse der Studie „Rhythms and Cycles in Happiness“ bringen. Die Hamburger Wissenschaftler Wolfgang Maenning, Malte Steenbeck und Markus Wilhelm untersuchten dabei das Phänomen der regelmäßig wiederkehrenden schlechten Laune am Wochenende genauer. Das Ergebnis: Männer und Frauen mit einem hohen Bildungsniveau leiden beide an vergleichbaren Symptomen an Sonntagen. Gebildete Männer tendieren sogar dazu, das gesamte Wochenende über schlecht gelaunt zu sein. Während bei den Arbeitnehmern mit mittlerem Bildungsabschluss lediglich die Männer von der Sonntagsneurose betroffen sind. Das bedeutet aber nicht, dass Arbeitnehmer mit niedrigem Bildungsniveau um ihre gute Laune zu beneiden wären. Auch bei dieser Gruppe zeigt sich eine wiederkehrende Übellaunigkeit. Allerdings gegen Ende des Monats und wohl eher deshalb, weil dann das Geld knapp wird. Was dabei aber nicht vergessen werden darf: in Relation betrachtet sind die gut und sehr gut ausgebildeten Arbeitnehmer immer noch zufriedener mit Ihrem Job und Leben insgesamt als Arbeitnehmer mit einem niedrigen Bildungsabschluss.
Dass es anderen Arbeitnehmern noch schlechter als einem selbst geht, ist nur ein schwacher Trost. Für all diejenigen, die unter dem Weekend-Blues leiden, gibt es aber eine gute Nachricht: Es lässt sich etwas dagegen tun:
Zur Person: Julia-Eva Sima Quelle: Julia-Eva Sima arbeitet als Texterin und freie Journalistin. Besonders gern schreibt sie über HR-Themen, weil sie selbst jahrelang in der Personalbranche gearbeitet hat – unter anderem als Headhunter.
Veröffentlicht
26.02.2020