Hände tippen auf Taschenrechner © boonchaip wedmakawand / Getty Images

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Das solltest Du auf die Frage nach Deinem aktuellen Gehalt antworten

Im ersten oder zweiten Vorstellungsgespräch, spätestens aber im Rahmen der Gehaltsverhandlungen für einen neuen Job, kommt oft die Frage nach Deinem aktuellen Gehalt auf. Aber ist sie überhaupt zulässig und was solltest Du antworten?


Das Gehalt ist für viele Bewerber ein wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen ein Jobangebot. Das gilt jedoch auch für die Personaler, schließlich versuchen sie stets Personalkosten einzusparen. Für beide Seiten ist es deshalb wichtig, vor der Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags die Geldfrage zu klären. Häufig wird bereits in der Stellenausschreibung von den Bewerbern verlangt, dass sie eine Gehaltsvorstellung nennen. Dieser Bitte solltest Du nachkommen, um im weiteren Bewerbungsprozess berücksichtigt zu werden. Doch den richtigen Wert zu finden, ist dabei nicht immer einfach – vor allem, weil die Personaler im weiteren Verlauf manchmal nach dem aktuellen Gehalt fragen. 

Das Problem mit der Frage nach dem Gehalt

Aus der Kenntnis über Dein aktuelles Gehalt können die Personaler mehrere Schlüsse ziehen: Ob Du derzeit über- oder unterbezahlt bist, was Deinen Wert als Arbeitskraft für den aktuellen Arbeitgeber ausdrückt. Ob Du bei Deiner Gehaltsvorstellung hoch gepokert oder niedrig angesetzt hast, was bezeichnend für Dein Selbstbewusstsein ist. Ob Du ehrlich bist, schließlich wird der Arbeitgeber früher oder später ohnehin (zumindest grob) Dein bisheriges Gehalt erfahren. Du siehst: Es handelt sich um eine kniffelige Angelegenheit, denn die falsche Antwort könnte Dich in Erklärungsnot bringen. Es ist daher verständlich, dass viele Bewerber die Frage nach dem aktuellen Gehalt nicht beantworten möchten. Die gute Nachricht lautet: Das müssen sie auch nicht – zumindest nicht sofort – denn das bisherige Gehalt ist für den Job nicht relevant. Es ist deshalb durchaus eine gute Strategie, erst einmal Stillschweigen zu bewahren.  

Die Antwort so lange wie möglich hinauszuzögern…

…ist somit sinnvoll, denn sobald Du einen konkreten Wert nennst, ist er automatisch die Basis für die weitere Gehaltsverhandlung. Große Sprünge nach oben sind ab diesem Zeitpunkt schwierig, denn Gehaltserhöhungen werden meist nur innerhalb einer gewissen Spannbreite gegeben. Vor allem, wenn Du Dich bislang deutlich unterbezahlt gefühlt hast, kann Dir die ehrliche Antwort auf die Frage nach Deinem aktuellen Gehalt also die Chance auf eine faire Bezahlung verspielen.

Lügen ist aber ebenso wenig eine Alternative, schließlich erhält der neue Arbeitgeber bei Arbeitsantritt gewisse steuerliche Informationen über Dich und kann damit auch Rückschlüsse über Dein bisheriges Gehalt ziehen. Sollte er zu dem Ergebnis kommen, dass Du gelogen hast, drohen Konsequenzen. Es gilt deshalb, Dich geschickt aus der Affäre zu ziehen und auf die Frage nach Deinem aktuellen Gehalt beispielsweise wie folgt zu antworten:

  • Verglichen mit meinen Leistungen, die ich beispielsweise in Form von (Aufzählung) für das Unternehmen erbracht habe, war das Gehalt zu niedrig angesetzt. Ich erachte (Betrag) in Zukunft als eine faire Entlohnung.
  • Ich habe bei meinem aktuellen Arbeitgeber eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben, die auch das Gehalt betrifft.
  • Bei meinem Berufseinstieg hatte ich noch keinen Einblick in marktübliche Gehälter, weshalb ich mein bisheriges Gehalt nicht als realistischen Ausgangswert für die Zukunft erachte.
  • Ich ziehe es vor, keine konkreten Zahlen zu nennen, da ich mittlerweile deutlich mehr Erfahrung und Qualifikationen habe als beim Antritt meiner bisherigen Arbeitsstelle. Diese umfassen beispielsweise (Aufzählung).
  • Da es sich bei der Ausschreibung um eine Vollzeitstelle handelt, ich bislang aber nur in Teilzeit gearbeitet habe, ist mein bisheriges Gehalt wenig aussagekräftig. Wichtiger finde ich es, dass wir uns auf meine zukünftigen Leistungen in der neuen Position konzentrieren, wenn es um finanzielle Fragen geht.

Diese sind nur einige von vielen Beispielen, wie Du der Frage im Vorstellungsgespräch geschickt ausweichen kannst. Allerdings musst Du Dich darauf gefasst machen, dass viele Personaler nicht locker lassen. Bleiben sie hartnäckig, musst Du irgendwann einen konkreten Wert nennen. Dabei sollte es sich um die Wahrheit handeln, denn Falschangaben können Dich nachträglich den Job kosten – und wie Du nun bereits weißt, ist das Risiko hoch, dass in diesem Fall eine Lüge auffliegen würde.

Wann und wie Du den richtigen Wert nennst

Früher oder später ist also der Zeitpunkt gekommen, um die Frage nach Deinem bisherigen Gehalt ehrlich zu beantworten. Bestenfalls ist es etwa gleich oder geringfügig höher als Dein Wunschgehalt im neuen Job. Dann stellt es ohnehin eine gute Verhandlungsbasis dar, bestätigt Deinen Wert als Arbeitskraft und kann daher guten Gewissens genannt werden, sobald der Personaler danach fragt. Liegt es hingegen weit über oder unter Deiner zukünftigen Gehaltsvorstellung, kannst Du die Antwort mit der genannten Strategie hinauszögern.

Wichtig ist dann nämlich, dass Du erst einmal verdeutlichst, weshalb Du die perfekte Wahl für die Stelle bist. Je mehr die Personaler Dich wollen, zu mehr Zugeständnissen werden sie auch finanziell bereit sein. Doch auch in diesem Fall wirst Du nicht ewig warten können, sondern musst irgendwann ehrlich antworten. Dann gilt es in beiden Szenarien den Wert direkt zu relativieren:

  1. Liegt Dein Wunschgehalt unter Deinem aktuellen Gehalt, hast Du Erklärungsbedarf. Schließlich möchte sich in der Regel niemand durch einen Jobwechsel finanziell verschlechtern. Dann solltest Du also erklären, wie es zu dem Unterschied kommt und weshalb Du trotzdem an der Stelle interessiert bist.
  2. Liegt Dein Wunschgehalt weit über Deinem aktuellen Gehalt, solltest Du nach dessen Nennung ebenfalls erläutern, weshalb es bislang zu niedrig war und warum Dein Wunschgehalt zukünftig angemessen wäre.

Extra-Tipp: Der zweite Fall kommt in der Praxis deutlich häufiger vor. Wenn Dein bisheriges Gehalt als Ausgangspunkt für die Gehaltsverhandlungen dient, kann es also schwierig werden, Dein Wunschgehalt für den neuen Job durchzusetzen. Ist der Personaler nicht zu den gewünschten Zugeständnissen bereit, kannst Du Kompromisse vorschlagen wie eine reduzierte Arbeitszeit bei gleichem Gehalt oder gewisse Benefits als Ergänzung zum Gehalt.   

Fazit

Wie Du siehst, birgt die Frage nach Deinem aktuellen Gehalt einige Stolpersteine. Wenn Du Dir aber Deines Marktwertes bewusst bist, strategisch vorgehst und selbstbewusst verhandelst, stehen Deine Chancen auf eine Jobzusage zum Wunschgehalt oder einem vergleichbaren Kompromiss gut – selbst, wenn sich dieses stark von Deinem bisherigen Gehalt unterscheidet.

Veröffentlicht
01.09.2022