Junge rothaarige Frau Hipster Teenager mit lockigem Haar tragen lässige Kleidung über türkisfarbenen Hintergrund © Yaroslav Olieinikov / Getty Images

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Ghosting im Recruiting: Was, wenn Bewerber nicht mehr antworten?

Wer sich in den vergangenen Jahren in der Dating-Welt bewegt hat, hat vermutlich das eine oder andere Mal das sogenannte Ghosting erlebt. Aber auch in anderen Lebensbereichen scheint es regelrecht im Trend zu liegen, beispielsweise im Recruiting.


Als „Ghosting“ wird das Verhalten bezeichnet, dass eine Person einfach untertaucht. Sie wird sozusagen zum Geist, meldet sich nicht mehr und reagiert nicht mehr auf Kontaktversuche. Auf Deutsch könnte das Ghosting als Kontaktabbruch bezeichnet werden, der jedoch plötzlich und scheinbar grundlos eintritt. Weshalb dieses Phänomen in immer mehr Lebensbereichen gang und gäbe wird, hängt vermutlich mit verschiedenen Faktoren wie der Digitalisierung der Kommunikation zusammen. Fakt ist aber, dass es selbst unter Bewerbern immer häufiger auftritt und viele Recruiter sind daher verunsichert, wie sie in einem solchen Fall handeln sollen.

Schritt-für-Schritt-Anleitung:

So reagieren Recruiter richtig auf Ghosting

Nicht immer steckt hinter einem Kontaktabbruch eine böse Absicht. Manchmal kamen Nachrichten nicht an, manchmal ist ein Schicksalsschlag eingetreten oder die Antwort dauert schlichtweg etwas länger als gewöhnlich. Es ist deshalb wichtig, einen Bewerber nicht gleich in die Ghosting-Schublade zu stecken, wenn er auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch oder ein Jobangebot nicht sofort reagiert. Deshalb ist es wichtig, als Personaler ruhig zu bleiben und strategisch vorzugehen:

1. Kontaktversuch wiederholen. 

Es kann passieren, dass eine E-Mail nicht ankommt, ein Telefonanruf verpasst wird oder die erste Kontaktaufnahme aus anderen Gründen unbemerkt blieb. Kommt nach einem angemessenen Zeitraum von wenigen Tagen keine Reaktion, lohnt sich also ein erneuter Kontaktversuch. So werden Missverständnisse vermieden und Du erfährst vielleicht, warum die erste Kontaktaufnahme erfolglos war, um daraus für die Zukunft zu lernen.

2. Verschiedene Kanäle nutzen.

Wenn ein erster Kontaktversuch erfolglos ist, empfiehlt es sich zudem, den Kanal zu wechseln. Vielleicht ist die E-Mail-Adresse fehlerhaft oder der Bewerber hat sein Handy verloren. Deshalb ist es sinnvoll, schon bei der Bewerbung, beispielsweise im Online-Formular, mehrere Kontaktmöglichkeiten zu erfassen und diese zu nutzen, falls eine Antwort aussteht. Führen jedoch alle Kommunikationskanäle ins Leere, so steht der Verdacht von Ghosting im Raum.

3. Klare Regeln aufstellen.

In diesem Fall lohnt sich eine letzte, klar verständliche Nachricht, dass sich der Bewerber melden soll, weshalb, bis wann und dass das Vorstellungsgespräch oder Jobangebot ansonsten einem anderen Kandidaten offeriert wird. Wichtig ist, dabei zwar bestimmt zu sein, aber immer höflich sowie freundlich zu bleiben. Manchmal wirkt eine letzte sympathische Nachricht tatsächlich Wunder – zumindest aber droht sie nicht, ein schlechtes Licht auf das Unternehmen zu werfen.

Ein konzeptionelles Bild mit einem Haufen schwebender Augäpfel in verschiedenen Größen, die ein rotes Telefon überblicken. © J Studios / Getty Images
In Zeiten des Fachkräftemangels wird das Employer Branding für Unternehmen immer wichtiger. Social Media spielt dabei mittlerweile eine unverzichtbare Rolle. Aber kann es auch als direktes Recruiting-Instrument eingesetzt werden – und wie? 

4. Feedback einholen.

Du wirst immer wieder mit Ghosting in Recruiting-Prozessen konfrontiert? Dann liegt der Fehler wahrscheinlich in diesen Prozessen selbst, sprich es gibt aus Bewerbersicht vielleicht Stolpersteine. Deshalb ist es sinnvoll, sich immer wieder von den Bewerbern Feedback geben zu lassen, unabhängig davon, ob sie schlussendlich eingestellt werden oder nicht. So lassen sich Ghosting-Fälle vielleicht nicht mit Sicherheit verhindern, zumindest aber in ihrer Häufigkeit reduzieren.

5. Eine „rote Liste“ einführen.

Wenn es tatsächlich zum Ghosting kommt, so ist es sinnvoll, den Bewerber aus dem Kandidatenpool zu entfernen – vielleicht sogar eine „rote Liste“ einzuführen. So wissen Deine Kollegen und Du, dass der Bewerber unzuverlässig ist, und ihr verschwendet nicht erneut Zeit, falls er sich in Zukunft wieder bewirbt. Erklärt er sein Verhalten hingegen und kann es nachvollziehbar begründen, so ist auch eine zweite Chance denkbar. Hierbei gilt es, im Einzelfall sowie auf einer menschlichen Ebene abzuwägen, wann jemand auf diese „rote Liste“ wandert.

6. Professionell und höflich bleiben.

Egal, wie frustrierend der Prozess ist oder wie unverschämt sich ein Bewerber verhält: Bleibe stets höflich sowie professionell. Schließlich repräsentierst Du das Unternehmen und jeder Fehlgriff in der Kommunikation kann einen „Shitstorm“ auf Social Media auslösen. Schreibe daher niemals eine wütende E-Mail oder reagiere unangemessen, wenn sich der Bewerber doch wieder meldet. Das Ghosting zu akzeptieren, ist daher eine weitere wichtige Lektion bei diesem Thema.

7. Eigene Regeln definieren.

Da es leider immer wieder auftritt, ist es außerdem sinnvoll, eigene Regeln für den Umgang mit Ghosting im Unternehmen zu definieren. Wie oft werden entsprechende Kandidaten kontaktiert? Mit welchen Formulierungen und über welche Kanäle? Wann wird der Job einem anderen Bewerber angeboten, wenn sich die erste Wahl nicht zurückmeldet? Solche Fragen zu beantworten und als interne Regeln zu formulieren, die klar kommuniziert werden, ist daher ein wichtiger Schritt, um durch Ghosting in Zukunft so wenig Zeit und Geld wie möglich zu verschwenden.

8. Anderen Kandidaten nicht zu früh absagen.

Das bedeutet auch, dass Du anderen Kandidaten niemals absagen solltest, bevor der Arbeitsvertrag nicht unterschrieben wurde. Denn zu Ghosting kann es in jeder Phase des Bewerbungsprozesses kommen, sogar vor dem allerletzten Schritt – der Vertragsunterzeichnung. Zumindest den zwei bis drei „Nachrückern“ nicht zu früh abzusagen, ist daher ein hilfreicher Tipp, um den Schaden durch ein potenzielles Ghosting zu minimieren. So musst Du im Fall der Fälle nicht noch einmal ganz am Anfang starten, um die Vakanz zu besetzen.

9. Das Ghosting als Geschenk betrachten.

Schlussendlich wirst Du nicht verhindern können, dass es immer wieder zu Fällen von Ghosting kommt. Wichtig ist deshalb, dazu die richtige Einstellung zu finden. Denn so ärgerlich es auch ist, wenn sich ein Bewerber nicht mehr meldet – vor allem in späteren Stadien des Einstellungsprozesses –, so aussagekräftig ist dieses Verhalten. Denn jedes Unternehmen wünscht sich motivierte, zuverlässige sowie verantwortungsbewusste Mitarbeiter und das Ghosting verrät, dass der Kandidat diese Anforderungen nicht erfüllt hätte. Es ist somit eine Chance, um sich vor falschen Besetzungen zu schützen und stattdessen einen besser geeigneten Kandidaten für die Vakanz zu finden. Das Ghosting ist daher stets das kleinere Übel gegenüber einer Fehlbesetzung.

Veröffentlicht
16.07.2024

Author:in
Mirijam Merkoffer