Stellenmarkt: MINT-Fachkräfte wie IT-Spezialisten haben gute Jobchancen derzeit

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Bewerbungstipps für MINT-Fachkräfte: So setzen Sie Ihre Extrawünsche durch

Qualifizierte Fachkräfte sind in MINT-Berufen derzeit sehr gefragt. Welche Leistungen können Bewerber im Vorstellungsgespräch fordern? Wie gehen Sie dabei geschickt vor? Und was bieten Unternehmen begehrten Talenten?


Hohes Gehalt, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Gewinnbeteiligung und ein Firmenwagen: Solche Leistungen gehören mitunter schon zum Standard, wenn Unternehmen begehrte Fachkräfte an sich binden wollen. "Allerdings müssen Bewerber die Sache differenziert betrachten", warnt Frank Schabel, Sprecher der Personalberatung Hays. "Nur weil in bestimmten Bereichen MINT-Fachkräfte händeringend gesucht werden, bedeutet dies noch lange nicht, dass jeder Bewerber mit MINT-Background alles fordern kann." Zudem spielen auch äußere Faktoren eine Rolle. Bei der Höhe des Gehalts sind das beispielsweise der Standort der Firma, die Reputation des Arbeitgebers und die Größe des Unternehmens. Aber auch die Berufserfahrung des Bewerbers und seine genaue Qualifikation sind entscheidend.

Wie sollten Fachkräfte also am besten vorgehen?

Zunächst rät Schabel, die Marktlage zu checken: "Jobbörsen, Foren und Netzwerke können Aufschluss darüber geben, wie gefragt eine bestimmte Qualifikation ist." Im IT-Bereich seien derzeit etwa Experten für Datensicherheit und -analyse oder im Bereich Künstliche Intelligenz besonders gefragt. "Bewerber bekommen schnell ein Gespür dafür, wie groß die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt ist." Hohe Forderungen sollten Fachkräfte nur stellen, wenn sie sich sicher sind, dass sie pokern können und die Nachfrage auch wirklich groß ist.

Wie können Fachkräfte Forderungen stellen - ohne unverschämt zu sein?

Mit etwas Feingefühl, Vorbereitung und intelligenten Fragen: "Ich empfehle bestimmte Bereiche, die einem persönlich wichtig sind, erstmal vorsichtig im Gespräch mit offenen Fragen abzuklopfen", rät Schabel. Wenn jemand beispielsweise gerne einen Tag in der Woche zu Hause arbeiten möchte, kann der Bewerber etwa fragen: "Wie handhaben Sie in Ihrem Unternehmen eigentlich flexible Arbeitszeit- und Arbeitsplatz-Modelle?" Durch die Antwort bekommt man ein Gespür dafür, welche Einstellung der Gegenüber dazu hat. Wichtige Wünsche sollten Bewerber klar ansprechen. Will jemand etwa ein bis zwei Tage im Home Office arbeiten oder sich innerhalb der Firma weiterentwickeln, sollte das der Vorgesetzte schon beim Bewerbungsgespräch erfahren. "Es macht keinen Sinn, solche Themen im Gespräch zu tabuisieren. Nur so können beide Seiten wissen, was der andere will und was einen jeweils erwartet." Ist der Arbeitsvertrag erst einmal unterschrieben, wird es schwierig, dies anders zu regeln. Am Ende sind dann beide Seiten frustriert.

Welche Themen sind Bewerbern besonders wichtig?

"Unsere Erfahrung zeigt, dass für viele Fachkräfte die Vereinbarkeit von Familie beziehungsweise Freizeit und Beruf wichtig ist", sagt Schabel. Sprich: Flexible Arbeitszeiten und die Option auf Home Office sind attraktiv, wenn ein Unternehmen Fachkräfte an sich binden will. Aber auch die Sinnhaftigkeit der Arbeit und die Chance, sich innerhalb der Firma zu entwickeln, können für Bewerber ausschlaggebend sein. "Manche Jobprofile sind klar definiert und sehen in den nächsten zwei Jahren keine Veränderungen vor. Für Menschen, die neue Aufgabenbereiche, Projekte sowie eine Weiterentwicklung wollen, wäre eine solche Stelle das Falsche."

Welche Leistungen bieten Firmen noch an, um Fachkräfte zu überzeugen?

Zum Teil bieten Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge an. "Das ist besonders für sicherheitsorientierte Menschen interessant", erklärt er. Auch die Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsräumen sowie Teambuilding-Maßnahmen können weitere Argumente sein, warum sich ein Bewerber für ein Unternehmen entscheidet. Auch mit einer konkreten Unterstützung im Alltag können Firmen punkten: "Sie helfen dann beispielsweise dabei, einen Job für den Partner zu finden, wenn die Fachkraft ins Ausland gehen soll oder in eine neue Stadt umziehen muss." Manche Unternehmen seien auch bei der Wohnungssuche behilflich. Oft übernehmen sie die Kosten für den Umzug in eine andere Stadt. Und einige Firmen bieten ihren Mitarbeitern auch eine Betreuung für die Kinder an oder helfen bei der Kitaplatz-Suche. "Unternehmen, die solche Kooperationen anbieten, punkten natürlich bei begehrten Fachkräften. Sie können die Bewerber einfacher überzeugen." Ist ein Bewerber hingegen privat gestresst, weil die Familie umziehen muss und es keine Betreuungsmöglichkeit für die Kinder gibt, wird er die Stelle unter Umständen ausschlagen.

Welche Rolle spielt das Thema Gehalt?

"Auch wenn Experten und Studien zum Teil etwas anderes behaupten: Das Gehalt ist vielen Bewerbern immer noch wichtig", sagt Schabel. Dabei komme es nicht nur auf eine hohe Vergütung an, sondern vielmehr auf das Gefühl von Wertschätzung und Gerechtigkeit. "Die Bezahlung sollte im Vergleich zu Kollegen und der eigenen Qualifikation nachvollziehbar, gerecht und angemessen sein", sagt Schabel.

Welche Faktoren zählen sonst noch?

"Vielen Bewerbern ist ein gutes Betriebsklima unter Kollegen und ein angenehmes Verhältnis zu Vorgesetzten wichtig", sagt Schabel. Das bedeutet aber nicht, dass es immer um flache und lockere Hierarchien geht. "Manche Beschäftigte schätzen ja durchaus, wenn sie klare Ansagen von ihrem Chef erhalten", erklärt Schabel. Wichtig wäre einfach, dass es von beiden Seiten passt.

Aber wie erkennen Bewerber, welche Stimmung im Unternehmen herrscht?

"Dafür bekommt man schnell ein Gespür." So könne man sich fragen, wie schnell eine Reaktion auf die Bewerbung kam. Habe ich ein Feedback dazu erhalten? Wie freundlich bin ich im Vorstellungsgespräch empfangen worden? Hat mir mein Gegenüber zugehört und ist auf meine Wünsche eingegangen? Auch in diesen Punkten zeigt sich, ob das Unternehmen den Bewerber wertschätzt und ernst nimmt. "Letztlich kommt es darauf an, dass Bewerber und Unternehmen ihre Bedürfnisse im Gespräch klar formulieren und bei wichtigen Punkten nachfragen", sagt Schabel. So merken beide Seiten schnell, ob sie zueinander passen oder nicht. Redaktion: Isabelle Modler, dpa


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Veröffentlicht
20.07.2018