Eine Frau streckt ihre Hand abwehrend nach vorne © Eric Audras / Getty Images

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„Nein“ sagen: Wann und wie Du im Job Grenzen setzen solltest

Zum Chef „Nein“ zu sagen, das ist für viele Menschen undenkbar. Jedoch ist es unglaublich wichtig, dass Du das lernst und klare Grenzen ziehst – für Deine eigene Gesundheit sowie Zufriedenheit. Aber auch, um im Beruf ernstgenommen zu werden, ist „Nein“ das magische Wort.


Keine Frage: Ja-Sager sind im Job sehr beliebt, schließlich leisten sie immer Hilfe, wenn Du sie benötigst. Sie werden daher gerne ausgenutzt, damit sich Kollegen, Chefs & Co selbst entlasten können. Das Problem an der Sache ist, dass sie dadurch früher oder später im Burnout landen, weil sie eben nicht nur die eigene, sondern auch die Arbeit der Anderen machen müssen. Wenn Du also merkst, dass Du nicht nur „Ja“ sagst, wenn Du es wirklich meinst, sondern beinahe zwanghaft allem zustimmst, solltest Du unbedingt an Deinen Grenzen arbeiten. Es geht nicht darum, andere Personen hängen zu lassen, sondern um reinen Selbstschutz.

Die Gründe für das notorische „Ja-Sagen“ verstehen

Es kann verschiedene Gründe geben, weshalb Du im Berufs- und vielleicht auch im Privatleben niemals „Nein“ sagst. Häufig steckt Angst hinter diesem Verhalen, sei es vor dem Jobverlust, wenn Du eine Bitte des Chefs ablehnst, oder vor sozialer Ablehnung, wenn Du einem Kollegen nicht hilfst. Der Wunsch nach Anerkennung kann also ein starker Treiber sein und im Extremfall sogar in einem Helfersyndrom enden. Manche Menschen fühlen sich auch geschmeichelt, wenn sie um Hilfe gebeten werden. Manchmal hast Du (zu) viel Mitgefühl mit anderen Personen oder Du vergleichst Dich mit den Kollegen und möchtest in Deiner Leistung mithalten. Damit ist die Liste an möglichen Gründen für die Problematik noch lange nicht zu Ende. Wenn Du diese jedoch erkannt hast und Deinen individuellen Beweggründen für das notorische „Ja-Sagen“ auf den Grund gegangen bist, hast Du bereits einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. 

Was ist gesunder Egoismus? 

Von einem gesunden Egoismus ist bei dieser Thematik oft die Rede. Egoismus wird in unserer Gesellschaft aber negativ assoziiert, schließlich sind Menschen soziale Wesen und wer nur eigennützig handelt, macht sich unbeliebt. Übertriebener Egoismus bis hin zur Gefühlskälte kann sogar ein Anzeichen für eine Persönlichkeitsstörung wie den Narzissmus sein. Das bedeutet aber nicht, dass Du Dein eigenes Lebensglück und Deine Gesundheit dem Allgemeinwohl opfern musst. Viele Menschen machen nämlich tagtäglich nur, was von ihnen erwartet wird, leiden darunter aber und enden vielleicht in einem Burnout oder in einer Depression. Es ist deshalb wichtig, einen gesunden Mittelweg zu finden und Deinem eigenen Wohlergehen oberste Priorität in Deinem Leben einzuräumen. Gesunder Egoismus bedeutet also zwar, für andere da zu sein und ihnen zu helfen, aber eben nur in einem Rahmen, in dem es für Dich zeitlich, gesundheitlich, psychisch oder auf einer anderen Ebene möglich ist. Gesunder Egoismus ist Dein Weg aus der Selbstausbeutung – und dieser gelingt nur, indem Du klare Grenzen ziehst. 

Wann solltest Du im Job Grenzen setzen? 

Wichtig ist demnach, dass Du lernst Deine eigenen Grenzen zu erkennen und zu verteidigen, wann immer es notwendig ist. Das gilt beispielsweise, wenn Dir zusätzliche Arbeit aufgeladen werden soll, aber auch in anderen Situationen wie bei einem verbalen Angriff. Für Dich einzustehen, ist also die wichtigste Lektion, die Du im Leben für mehr Gesundheit sowie Glück lernen kannst und solltest. Bevor Du das nächste Mal im Berufsleben „Ja“ sagst, solltest Du daher überprüfen, ob Du diese Grenzen damit überschreiten würdest oder nicht. Hast Du beispielsweise freie Zeit für ein zusätzliches Projekt, solltest Du dem Kollegen die Arbeit abnemen, sofern er tatsächlich überfordert ist und Deinen guten Willen nicht nur ausnutzt. Bist Du aber selbst bereits überlastet, musst Du „Nein“ sagen, auch wenn es schwerfällt. An dieser Stelle ist ein hohes Maß an Selbstreflexion und Fingerspitzengefühl gefragt, um nicht zu egoistisch zu agieren, aber eben auch nicht zu altruistisch.

Tipps, wie Du richtig „Nein“ sagst

Was auf den ersten Blick kompliziert klingt, kannst Du lernen und irgendwann wird es Dir leicht fallen „Nein“ zu sagen – sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Übung macht den Meister, lautet hierbei die Devise und daher solltest Du beginnen, in allen möglichen Lebenssituationen einfach mal „Nein“ zu sagen. Du brauchst Dich dafür nicht zu entschuldigen oder zu rechtfertigen. Sag einfach „Nein“. Punkt.

Je besser diese Übung im privaten Alltag gelingt, desto eher wirst Du Dich trauen, auch im Job „Nein“ zu sagen. Dann ist allerdings wichtig, dass Du die fragende Person nicht vor den Kopf stößt, sondern eine kurze Erklärung für die Ablehnung lieferst. Dabei darfst Du jedoch nicht den Anschein erwecken, als könne Deine Entscheidung noch beeinflusst werden. Selbstbewusst „Nein“ zu sagen, ist nämlich der Schlüssel zum Erfolg. Achte auf eine selbstbewusste Körpersprache und auf eine feste Stimme. Folgende Taktiken können Dir zudem helfen, dass das „Nein“ von Deinem Gegenüber akzeptiert und nicht negativ aufgefasst wird:

  • Frag Dich, welche Deine Prinzipien sind. Diese kannst Du im Job kommunizieren und an ihnen solltest Du festhalten. Freitags machst Du keine Überstunden? Dann wird das irgendwann akzeptiert, nachdem Du mehrmals „Nein“ gesagt hast. Du nimmst erst ein neues Projekt an, wenn das aktuelle abgeschlossen ist? Auch hier lautet die Frage wahrscheinlich irgendwann nur noch, ob Du schon fertig bist und nicht, ob Du zusätzliche Arbeit übernehmen kannst. Durch Prinzipien machst Du Dich berechenbar sowie glaubwürdig und dann fällt das „Nein-Sagen“ deutlich leichter.
  • Erläutere die Folgen, wenn Du „Ja“ sagen würdest, sodass das „Nein“ nachvollziehbar wird. Dadurch erweckst Du in Deinem Gegenüber die Illusion, es hätte die Wahl zwischen einem „Ja“ und einem „Nein“ – aufgrund der negativen Folgen wird es sich aber ebenfalls für letztere Option entscheiden.
  • Alternativen zu nennen, lässt ein „Nein“ weniger abweisend wirken. Schlage beispielsweise einen anderen Termin vor oder eine andere Person, die dem Bittsteller helfen könnte.
  • Zuletzt hast Du natürlich stets die Möglichkeit, selbst um Hilfe zu bitten und dadurch ohne ein klares „Nein“ Deine Grenzen zu wahren. Du sollst beispielsweise ein weiteres Projekt übernehmen? Dann kannst Du unter gewissen Voraussetzungen wie einer verlängerten Frist oder zusätzlicher Hilfe zustimmen.

Sofern Du also schaffst, dass das „Nein“ nicht als Trotzreaktion, als Faulheit oder als Unkollegialität ausgelegt wird, kannst Du es guten Gewissens auch im Berufsleben verwenden – und das solltest Du sogar, um Dich selbst zu schützen und den Respekt von Chef, Kollegen & Co zu ernten.

Veröffentlicht
27.08.2021