Lügen Bewerbung © STOCK4B-RF / Getty Images

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Lügen im Bewerbungsprozess: Diese Folgen drohen

Eine Notlüge hier, eine kleine Beschönigung dort: Einige Bewerber nehmen die Sache mit der Wahrheit nicht allzu genau. Sie verschweigen Informationen oder lügen ganz bewusst. Manchmal ist das sogar erlaubt; in anderen Fällen drohen Folgen.


In zwischenmenschlichen Beziehungen ist Vertrauen bekanntlich das A und O. Das gilt auch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sich gegenseitig die Wahrheit zu sagen, sollte im Bewerbungsprozess daher eine Selbstverständlichkeit sein. Leider sieht das in der Praxis oft anders aus – und zwar auf beiden Seiten. Schließlich will sich jeder im bestmöglichen Licht präsentieren. Wenn ein Bewerber dabei über das Ziel hinausschießt, kann das verheerende Folgen haben.

Wann ist eine Lüge eine Lüge?

Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters, sagt man so schön. Deshalb ist es im Bewerbungsprozess nicht immer einfach, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Viele Bewerber beschönigen ihre Angaben ein bisschen, nennen vielleicht ein Hobby, das sie erst einmal ausprobiert haben, oder überschätzen ihr Organisationstalent. Kleine Lügen also, die niemand wirklich überprüfen kann und die der Bewerber vielleicht sogar selbst glaubt. Demgegenüber stehen bewusste Lügen, wenn es um „Hard Facts“ geht; um Dinge also, welche der Arbeitgeber früher oder später tatsächlich überprüfen kann. Dabei kann es sich zum Beispiel um folgende Punkte handeln:

  • Qualifikationen und Abschlüsse
  • Informationen zu früheren Arbeitgebern
  • Berufserfahrungen
  • (Führungs-) Verantwortung im vorherigen Job
  • Arbeitgeberseitige Kündigungen
  • Fremdsprachenkenntnisse

Die Möglichkeiten, um im Bewerbungsprozess zu lügen, sind vielfältig – und nur allzu viele Bewerber nutzen diese. Häufig haben sie dabei keine bösen Hintergedanken, wollen sich nur in ein besseres Licht rücken. Die Beschönigungen und Unwahrheiten tun sie als „Personal Branding“ ab. Doch sie können verheerende Folgen haben. Es gilt daher, mit jeder Form der Lüge extrem vorsichtig zu sein. Das gilt vor allem für Angaben, die durch den Arbeitgeber überprüft werden können; oder wo die Wahrheit später im Arbeitsalltag ans Licht kommen würde. 

Mögliche Folgen von Lügen  

Eine Lüge bringt stets das Risiko mit sich, dass diese auffliegen könnte. Was Du in Deinen Bewerbungsunterlagen behauptest, werden die Personaler im Vorstellungsgespräch innerhalb ihrer Möglichkeiten überprüfen. Du gibst an, fließend Spanisch zu sprechen? Dann musst Du darauf gefasst sein, dass Dein Gegenüber im Bewerbungsgespräch plötzlich Spanisch spricht. In anderen Fällen ist eine solche Überprüfung schwieriger. Trotzdem können kritische Fragen dazu führen, dass Du Dich in Widersprüchen verstrickst, beispielsweise bezüglich der Tätigkeitsbereiche und Verantwortung in Deiner früheren Position. Auch auf diese Weise können Lügen auffliegen. Dass Du dann aus dem Bewerbungsprozess ausscheidest, ist die logische Folge. Kaum ein Recruiter drückt bei Lügen ein Auge zu.

Aber selbst, wenn Du den Bewerbungsprozess überstanden und den Job ergattert hast, ohne dass die Beschönigungen, Notlügen & Co aufgeflogen sind, solltest Du Dich nicht auf der sicheren Seite wähnen. Denn Lügen können auch noch Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte später auffliegen – und dann droht Dir die fristlose Kündigung. Eine Verjährung gibt es nicht, schließlich kann Dir der Arbeitgeber arglistige Täuschung vorwerfen und damit wird der Arbeitsvertrag ungültig. In einigen Fällen kann der Arbeitgeber sogar Schadensersatz verlangen, sprich Dir droht ein Gerichtsverfahren. Durch Lügen im Bewerbungsprozess machst Du Dich also strafbar. Zugleich machst Du Dir selbst das Leben schwer, denn die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung wird während des gesamten Arbeitsverhältnisses, das Du auf Basis der Lügen geschlossen hast, wie ein Damoklesschwert über Dir schweben.

Zugegeben: Wegen einem falschen Hobby oder weil Du Deine Englischkenntnisse ein bisschen überschätzt hast, werden die wenigsten Arbeitgeber die fristlose Kündigung aussprechen. Trotzdem kannst ihnen Du dadurch einen Grund liefern, wenn sie nach einem solchen suchen. Es gilt also zu unterscheiden zwischen harmlosen und schwerwiegenden Lügen – aber mit der Wahrheit bist Du im Bewerbungsprozess fast immer am besten beraten. 

Manchmal sind kleine Flunkereien erlaubt

Die Betonung liegt auf „fast“ immer. Denn es gibt einige wenige Ausnahmen. Ausnahmefälle, in denen Du lügen darfst, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. In einigen Fällen ist die Lüge dann sogar die bessere Wahl als die Wahrheit. Das gilt immer dann, wenn die Personaler unerlaubte Fragen stellen. Denn es gibt Dinge in Deinem Leben, die Du in der Bewerbung nicht erwähnen musst und somit guten Gewissens verschweigen darfst. Dazu gehören zum Beispiel: 

  • Bisheriges Einkommen
  • Familienplanung
  • Gewerkschaftszugehörigkeit
  • Kinder
  • Krankheitsgeschichte
  • Lebenspartner
  • Religion und Konfession
  • Sexuelle Orientierung
  • Vermögensverhältnisse
  • Vorstrafen
  • Zugehörigkeit zu einer politischen Partei

Du musst also keine Angaben zu Deinem Privatleben machen, sofern diese für die Stelle irrelevant sind. Sogar eine Schwangerschaft darfst Du im Regelfall verschweigen. Auch hiervon gibt es jedoch Ausnahmen von den Ausnahmen. Die Schwangerschaft ist dabei ein gutes Beispiel: Wenn durch sie ein Arbeitsverbot in Deinem Job bestehen würde, ist sie für den Arbeitgeber relevant und darf nicht verschwiegen werden. Ähnliche Ausnahmefälle gibt es bezüglich Deiner Vorstrafen, Deines gesundheitlichen Zustandes oder Deiner Vermögensverhältnisse, falls diese für die Tätigkeit von Relevanz sind. Es ist daher wichtig, Dich vorab im Detail zu informieren, was Du verschweigen darfst und wo Du in Deinem individuellen Fall ehrlich sein musst. 

Solche Punkte in den Bewerbungsunterlagen zu verschweigen, ist also meistens in Ordnung und kann nicht zwingend als Lüge ausgelegt werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Personaler nicht trotzdem im Vorstellungsgespräch nachhaken können. Immer wieder werden solche unerlaubten Fragen gestellt – und dann darfst Du die Antwort verweigern oder sogar lügen. Kündigen darf Dir der Arbeitgeber deswegen später nicht. Es erfordert allerdings ein gewisses Fingerspitzengefühl, auf solche unerlaubten Fragen richtig zu antworten, ohne unprofessionell oder eben unehrlich zu wirken. Auch deshalb ist es wichtig, Dich diesbezüglich ausgiebig vorzubereiten. Natürlich kannst Du auch einfach die Wahrheit sagen. Das obliegt Deiner freien Entscheidung und hängt vom individuellen Fall ab.

Fazit 

Lügen im Bewerbungsprozess sind also ein komplexes Thema. Prinzipiell gilt, dass Du stets die Wahrheit sagen solltest. Es gibt aber Ausnahmefälle, die Du kennen musst und in denen das Verschweigen oder sogar die Lüge die bessere Wahl sein kann. Dich zu informieren, ist daher der beste Tipp, um in Deiner Bewerbung in kein Fettnäpfchen zu treten und dadurch das Ausscheiden aus dem Bewerbungsprozess oder später eine fristlose Kündigung zu riskieren.

Veröffentlicht
02.03.2021