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Mitarbeiter, die nach einer Kündigung wieder zurück ins alte Unternehmen kommen, können ein echter Glücksfall sein. Unser Kooperationspartner t3n zeigt, welche Bedingungen dafür erfüllt sein müssen.
Abschiedsumtrunk, Ansprache, Abschlusszeugnis und dann auf Nimmerwiedersehen. So hat sich Anna Lerzy die Trennung von ihrem Arbeitgeber vorgestellt. Früher war eine Kündigung tatsächlich meist mit einem Abschied für immer verbunden. Doch es sollte für sie anders kommen: „Zwei Jahre später saß ich wieder an Ort und Stelle“, sagt die Designerin im t3n-Gespräch. Im Fachjargon wird sie als Bumerang-Mitarbeiterin bezeichnet. Sie flog aus und kam zurück. Lerzy freute sich darauf, der Chef nahm sie mit offenen Armen in Empfang. Kurios? Mitnichten! Immer mehr Unternehmen setzen beim Recruiting auf Rückkehrer. Denn sie bringen deutliche Vorteile mit sich.
Ganz oben steht etwa, dass die oft kosten- und zeitintensive Einarbeitung in der Regel ausfällt. Außerdem wissen beide Parteien ganz genau, was sie voneinander erwarten können: Missverständnisse zur Leistung, Anforderung und Qualität sind bei einem Comeback in der Regel ausgeschlossen. Zu dieser Erkenntnis kam auch ein Forscherteam, das eine Studie unter 30.000 Arbeitnehmenden durchgeführt und interne, externe und rückkehrende Neubesetzungen untereinander verglichen hat. Die Ergebnisse haben die Wissenschaftler im Harvard Business Review (HBR) ausführlich thematisiert. Einziger Haken: Bumerangs bleiben unter Umständen wechselwilliger.
„Mitarbeitende, die eine Organisation einmal verlassen haben, sind oft bereit, dies erneut zu tun“, erklären die Forschenden im HBR. Ausschlaggebend dafür sei jedoch, wie es zur ersten Kündigung kam und ob es im Rahmen der zweiten Chance nachhaltige Veränderungen gab. Das kann konkret heißen: Nur weil ein Bumerang vielleicht wieder erfolgreich angeworben wurde, muss das nicht heißen, dass die Person tatsächlich lange bleibt. War der Grund des ersten Wechsels beispielsweise fehlende Transparenz in Entscheidungsprozessen und hat sich daran nichts geändert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Rückkehr nicht von langer Dauer ist. Da hilft auch kein höheres Gehalt.
Von der oft noch weitverbreiteten Sichtweise, dass Rückkehrende im anderen Job lediglich gescheitert seien und eher als illoyal gesehen werden sollten, hält Bianca Schröder nichts. „Oft wollten sie einfach nur andere Branchen und neue Unternehmen kennenlernen. Oder ein Wechsel passte zu einem neuen Lebensabschnitt“, sagt die Personalleiterin. Der Wille, wieder zurückzukehren, sei in ihren Augen vor allem als Kompliment zu verstehen. Woanders war das Gras nicht grüner. „Wie es sich im neuen Job arbeitet, wie Führungskräfte und das Team im Alltag agieren, das bekommt man erst heraus, wenn man es ausprobiert. Es ist mutig zu sagen: Das ist doch nicht das, was ich mir vorstelle!”
Ähnlich ging es auch Anna Jerzy. Sie ging nicht, weil sie von ihrem Arbeitgeber gefrustet war. Vielmehr fiel ihr der Abschied sogar schwer, denn sie verließ „eine tolle Führungskraft und ein super Team“, wie sie im t3n-Gespräch sagt. „Ich bekam ein Angebot, das mich in meiner beruflichen Entwicklung weiterbringen würde“, sagt sie und fügt hinzu: „Das konnte ich nicht ausschlagen.“ Sie hat viel im neuen Unternehmen gelernt, aber der Ton war im Team durchaus rauer. „Mir war schnell klar, dass der neue Job nur eine Zwischenstation ist.“ Dass sie jedoch ausgerechnet in ihre alte Firma zurückkehren würde, hätte sie nicht gedacht. Sie hätte es verstanden, wenn da Enttäuschung nachhallt
Die Cellular-Personalleiterin Bianca Schröder weiß, was in so einem Fall für eine Neueinstellung viel entscheidender sein kann: Das neue Wissen und die Fähigkeiten, die im Gepäck sind. „Bumerangs bringen frische Erfahrungen mit und haben, im Gegensatz zu anderen Neuen, den Vorher-Nachher-Vergleich.“ Das bedeutet: „Sie können Situationen mit ihrem Erfahrungsschatz anders bewerten und reflektierter handeln. Oder Vorschläge machen, wie alles neu, anders, besser gestaltet werden kann.“ Laut dem Forschungsbericht im HBR sei das jedoch nicht zu verwechseln mit einer erhöhten Leistungsbereitschaft. Die, so heißt es in der Studie nämlich, erhöhe sich in der Regel nicht.
Gefährlich finde Schröder es, wenn die Rückkehr in den alten Job jedoch mit Komfortzone verwechselt wird. „Eine Person, die sich fürs Zurückkehren entscheidet, könnte denken, dass sie nichts verändern muss, weil sie ja schon alles kennt. Dem treten wir entgegen, indem wir Wert darauflegen, gleich zum Start in den Job in unterschiedliche neue Bereiche des Unternehmens zu schauen.“ Natürlich müsse sich aber auch der Arbeitgeber hinterfragen und schauen, ob sich an etwaigen unternehmensbedingten Gründen der damaligen Kündigung etwas verändert hat, sodass ein Bumerang nicht vor der gleichen Baustelle steht wie vorher.
„Oft geben sich Unternehmen zu wenig Mühe, dieses Hinterfragen als wichtigen Teil der Employee-Experience zu verstehen, der hinter dem Zeitpunkt der Kündigung liegt“, so Schröder. Es sei viel mehr zu tun, als nur die Kündigung zu bestätigen, Resturlaub auszurechnen und die Hardware-Abgabe zu planen. „Wer in ein umfassendes Offboarding investiert, mit Kündigungen angemessen transparent umgeht und obendrein noch ein gutes Netzwerk mit Alumnis hält, wird merken, dass es sich lohnt.“ Anna Jerzy jedenfalls hat sich gut in ihren alten Job eingefügt. „Ich kann mein neues Know-how wieder in einem freundlichen Team anwenden. Ich glaube, wir haben am Ende alle profitiert.“
Veröffentlicht
02.06.2021
Author:in
Andreas Weck