Pictogram eines Strichmännes, das zur Tür läuft © Christoph Wagner / Getty Images

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Als Berufseinsteiger in der Probezeit kündigen – ja oder nein?

Der Berufseinstieg ist ein aufregendes neues Kapitel im Leben, sobald Du Deine Ausbildung oder Dein Studium beendet hast. Allerdings ist der erste Job nicht immer gleich der richtige Job. Ist es dann eine Option, direkt in der Probezeit zu kündigen?


Wenn es um ihren Berufseinstieg geht, sind viele Nachwuchskräfte nicht allzu wählerisch. Sie sind froh, überhaupt einen Job zu ergattern und nach ihrem Abschluss nicht in der Arbeitslosigkeit oder in Übergangslösungen wie einem Praktikum zu landen. Tatsächlich hinterlässt eine zu große Lücke im Lebenslauf nach der Ausbildung oder dem Studium keinen guten Eindruck. „Lieber irgendeinen Job als überhaupt keinen Job“, hat somit unter Berufseinsteigern als Motto durchaus seine Daseinsberechtigung.

Trotzdem gibt die erste Festanstellung eine grobe Richtung für Deine weitere Karriere vor, schließlich sammelst Du dort Erfahrungen in einer spezifischen Fachrichtung und wirst dahingehend gefördert. Es ist somit wichtig, dass die Stelle zumindest grob zu Deinen Karrierezielen passt. Zudem könntest Du wertvolle Chancen verpassen, wenn Du in einem Job verweilst, der nicht Deinen Vorstellungen entspricht – und somit keine Angebote annehmen kannst, die Dich beruflich voranbringen. Es gilt somit, Deinen Berufseinstieg sorgfältig zu planen und dabei auch den Blick in die Zukunft zu richten.

Die Probezeit richtig nutzen

Hast Du diese erste Hürde genommen, befindest Du Dich hoffentlich in einem Job, der zumindest auf dem Papier Deinen Vorstellungen sowie Deinen Karriereplänen entspricht. Leider heißt das nicht zwingend, dass dies auch in der Realität der Fall ist. Unabhängig von Deinem Lebensalter, kann es zu Enttäuschungen kommen, wenn Du eine neue Stelle antrittst.

Denn die Schilderungen in der Jobausschreibung oder im Vorstellungsgespräch entsprechen nicht immer der Wahrheit. Ebenso wie Du selbst, versucht sich auch das Unternehmen im Bewerbungsprozess von seiner besten Seite zu präsentieren. Zudem können Missverständnisse oder unrealistische Erwartungen dazu führen, dass auf Deine Aufregung schnell Enttäuschung folgt. Das geschieht manchmal bereits in der Probezeit, sprich Du merkst nach wenigen Tagen bis Wochen, dass der neue Job eine Fehlentscheidung war und Du eigentlich gerne kündigen würdest.

Es ist daher sinnvoll, die Probezeit bewusst zu nutzen, um Deine Erwartungen mit der Realität abzugleichen. Anstatt vorschnelle Entscheidungen zu treffen, solltest Du erst einmal in die Beobachterrolle gehen und die neue Situation auf Dich wirken lassen. Manchmal ist der Job auf den zweiten Blick gar nicht so schlecht, wie auf den ersten Blick gedacht, sobald Du einmal angekommen und eingearbeitet bist.

Nach Deinem Berufseinstieg ist die Probezeit also eine optimale Gelegenheit, um Dir einen Eindruck von Deinem zukünftigen Berufsalltag zu machen und zu hinterfragen, ob Du diesen Karriereweg weitergehen möchtest. Falls nicht, kannst Du Dich immer noch durch entsprechende Weiterbildungen oder spätere Jobwechsel in die gewünschte Richtung orientieren.

Die Muster-Kündigung Arbeitsvertrag für Arbeitnehmer ist eine perfekte Vorlage & informiert Dich zudem über Fristen während und nach der Probezeit. 

Wann Du nicht (!) in der Probezeit kündigen solltest

Nichts im Leben ist bekanntlich perfekt. Das gilt auch für den Berufsalltag. Konflikte, stressige Tage oder langweilige Aufgaben sind nur einige von vielen Problemen, mit denen Du im Zuge Deiner Karriere immer wieder konfrontiert wirst. Die Vorstellung, dass Du jeden Morgen freudig aus dem Bett springst und die Arbeit immer nur Spaß macht, ist also von Vornherein unrealistisch.

Prinzipiell ist es daher gut, mit realistischen Erwartungen an die Probezeit heranzugehen und diese unvoreingenommen auf Dich wirken zu lassen. An all den kleineren sowie größeren Herausforderungen kannst Du als Persönlichkeit wachsen und Du sammelst erste Berufserfahrungen, die Dir anschließend neue Karrierechancen eröffnen. 

Es ist daher nicht sinnvoll, beim ersten Problem zu kündigen und stattdessen eine Lücke im Lebenslauf zu riskieren. Die Kündigung in der Probezeit hinterlässt nämlich bei zukünftigen Bewerbungen keinen guten Eindruck und auch zu dem aktuellen Unternehmen kannst Du daraufhin in der Regel nicht mehr zurückkehren. Sie ist somit kein guter Start in Dein Berufsleben und sollte vermieden werden, wann immer es möglich ist.

Besser ist es, zumindest für ein bis zwei Jahre bei dem Unternehmen zu bleiben und anschließend den Job zu wechseln, falls Du dann immer noch unzufrieden bist. Manchmal lösen sich die Probleme bis dahin auch von selbst, indem beispielsweise die Führungskraft wechselt oder Du intern befördert wirst. Du kannst also auch direkt lernen, Probleme offen anzusprechen und richtig mit ihnen umzugehen. Abwarten ist daher vor allem als Berufseinsteiger oftmals die bessere sowie lehrreichere Lösung. 

Frau mit Kopfschmerzen fasst sich an den Kopf © Andrea Piacquadio / Pexels
Wer in der Probezeit erkrankt, ist gesetzlich vor einer Kündigung geschützt. Auch bei längeren Abwesenheiten oder Sonderfällen muss der Arbeitgeber andere Gründe für die Trennung anführen. 

Das spricht für die Kündigung in der Probezeit

Trotzdem gibt es Ausnahmefälle, in denen eine Kündigung die beste Option ist – auch in der Probezeit und auch in Deinem allerersten Job. Das gilt einerseits, wenn Du ein Jobangebot erhältst, das besser zu Deinen Karrierezielen passt. Eine solche Chance solltest Du Dir nicht entgehen lassen, falls Du Deine Zukunft nicht im aktuellen Unternehmen siehst. Einen schlechten Eindruck wirst Du dort dennoch hinterlassen, das sollte Dir bewusst sein. In der Probezeit zu kündigen, sollte daher immer nur die Ausnahme sein und niemals die Regel.

Das gilt als Berufseinsteiger ebenso wie über Deine gesamte Karriere hinweg. Aber es kann stets noch weitere Gründe geben, um ein Arbeitsverhältnis schnellstmöglich zu beenden, selbst ohne neuen Job in der Hinterhand. Das ist immer dann der Fall, wenn Du beispielsweise Deine Gesundheit bedroht siehst, wenn Du am Arbeitsplatz belästigt wirst, wenn Du unter Mobbing leidest oder wenn andere drastische Kündigungsgründe vorliegen. In solchen Fällen ist unter Umständen sogar eine fristlose Kündigung möglich; das gilt auch nach der Probezeit. 

Schlussendlich musst Du Dich also selbst fragen, ob Du noch für einige Zeit in der Situation bleiben kannst, obwohl sie nicht optimal ist – oder, ob Du keinen weiteren Tag dort aushältst. In letzterem Fall ist die Kündigung zwar die bessere Lösung, dann solltest Du aber dafür sorgen, keine (allzu große) Lücke im Lebenslauf zu bekommen.

Sich schnell einen neuen Job, ein Praktikum, eine Weiterbildung oder eine andere Übergangslösung zu suchen, um diese Lücke sinnvoll zu füllen und näher an Deine Karriereziele zu kommen, ist deshalb wichtig. Zudem gilt es, den nächsten Job noch sorgfältiger auszuwählen, damit Du nicht noch einmal in eine solche Situation gerätst und somit auch nicht erneut in der Probezeit kündigen musst.

Veröffentlicht
12.04.2023