Hintergrund des Konzepts der Nutzung einer Internet-Suchleiste für die Stellensuche. © mesh cube / Getty Images

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Mitarbeiter von der Konkurrenz abwerben: Was ist erlaubt – und sinnvoll?

In Zeiten des Fachkräftemangels sind neue Strategien erforderlich, um als Unternehmen noch ausreichend Mitarbeiter zu rekrutieren. Ungewöhnliche Wege zu gehen oder Grauzonen zu betreten, wie die Abwerbung von der Konkurrenz, ist dabei manchmal notwendig. Doch wo liegen die Grenzen?


Qualifizierte Fachkräfte haben heutzutage die Wahl zwischen vielen attraktiven Jobangeboten. Je nach Branche ist dieser „War for Talents“ mehr oder weniger stark ausgeprägt. Doch er führt dazu, dass sich die meisten Kandidaten, die perfekt auf eine Vakanz passen könnten, bereits in einer festen Anstellung befindet. Die Chance, dass sie sich von selbst auf eine Jobausschreibung bewerben, ist daher gering. Deshalb wählen viele Unternehmen mittlerweile die Direktansprache, um aktiv auf passende Fachkräfte zuzugehen und ihnen ein Jobangebot zu unterbreiten. Schließlich sind viele Arbeitnehmer durchaus offen für einen Stellenwechsel, wenn dieser für sie nennenswerte Vorteile bringt. Doch die Abwerbung von Mitarbeitern ist nicht immer sinnvoll – und auch nicht immer erlaubt.

Wo liegen die Grenzen der Legalität? 

Damit der „War for Talents“ nicht ausartet oder in unfairen Methoden mündet, gibt es einen gesetzlichen Rahmen, der die Abwerbung von Mitarbeitern regelt. Die gute Nachricht vorweg: Es ist erlaubt, Mitarbeiter von anderen Unternehmen abzuwerben. Dabei müssen allerdings einige Grundregeln berücksichtigt werden: 

  • Es dürfen keine Wettbewerbsverbote verletzt werden, was für Dich als Recruiter ebenso gilt wie für den angeworbenen Mitarbeiter.
  • Es dürfen keine Betriebsgeheimnisse genutzt werden, was erneut für alle beteiligten Parteien gilt. Ansonsten steht der Verdacht von unlauterem Wettbewerb im Raum. Zudem wurden wahrscheinlich Geheimhaltungsvereinbarungen unterzeichnet, die selbstverständlich gültig bleiben.
  • Es darf kein Vertragsbruch entstehen, sprich der potenzielle Mitarbeiter muss seine vertraglichen Pflichten beim bisherigen Arbeitgeber noch erfüllen. Er darf zudem nicht ermutigt oder sogar unter Druck gesetzt werden, seinen Arbeitsvertrag zu beenden.

Es ist somit vollkommen in Ordnung, interessanten Kandidaten ein attraktives Jobangebot zu unterbreiten, obwohl diese in einer Festanstellung sind – vielleicht sogar bei der direkten Konkurrenz. Trotzdem ist es wichtig, mit Fingerspitzengefühl vorzugehen. Denn gerade, wenn es um eine Konkurrenzsituation geht, ist die Abwerbung nicht immer risikofrei…

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Über Risiken und Ethik

Neben der rein rechtlichen Perspektive müssen noch weitere Aspekte berücksichtigt werden, wenn es um das Thema Abwerbung geht. Dazu gehören zum Beispiel moralische sowie ethische Überlegungen. Denn Fairness und Respekt sollten auch zwischen Konkurrenten gewahrt werden. Frage Dich daher, ob das Verhältnis der Unternehmen durch eine potenzielle Abwerbung negativ beeinflusst werden könnte und welche Folgen dadurch eventuell drohen. Oft ist diese kritischer, je kleiner das betroffene Unternehmen ist und je wichtiger die abgeworbene Person für es ist. Zudem ist es wichtig, ehrlich zu bleiben und realistische Erwartungen zu wecken. Ansonsten ist der neue Mitarbeiter vielleicht schon kurz nach dem Jobwechsel frustriert. Dadurch könnte er das Unternehmen schnell wieder verlassen, vielleicht sogar zur Konkurrenz zurückkehren, oder für eine schlechte Arbeitsatmosphäre sorgen. Außerdem tritt er als Markenbotschafter in Erscheinung.

Mitarbeiter werben Mitarbeiter: funktioniert das?

Noch ein letzter Aspekt ist in seiner Bedeutung daher nicht zu verachten: Jeder Mitarbeiter Deines Unternehmens ist automatisch ein Markenbotschafter. Wie er intern, extern oder beispielsweise im Internet über seinen Arbeitgeber spricht, wirkt sich also auf die Meinung anderer Personen über das Unternehmen aus. Somit kann es die Chance erhöhen oder reduzieren, dass Fachkräfte sich beim Unternehmen bewerben oder zumindest für eine Abwerbung offen sind. Deshalb ist es wichtig, auf die Mitarbeiterzufriedenheit zu achten – wie vorab erwähnt, indem beispielsweise realistische Erwartungen geweckt und zufriedenstellend erfüllt werden. Dann können die Mitarbeiter selbst bewusst oder unbewusst zur Anwerbung neuer Fachkräfte beitragen.

Es kann sich somit auch lohnen, das interne Netzwerk zu konsultieren und die Mitarbeiter beispielsweise zu fragen, ob sie eine potenzielle Besetzung für die Vakanz kennen. Auch können sie gebeten werden, die Informationen über die offene Stelle zu streuen. Oft ergeben sich so unerwartete Kontakte, die vielleicht eine Abwerbung nach sich ziehen, aber ohne die rechtlichen sowie ethischen Grenzen zu überschreiten.

Junge rothaarige Frau Hipster Teenager mit lockigem Haar tragen lässige Kleidung über türkisfarbenen Hintergrund © Yaroslav Olieinikov / Getty Images
Wer sich in den vergangenen Jahren in der Dating-Welt bewegt hat, hat vermutlich das eine oder andere Mal das sogenannte Ghosting erlebt. Aber auch in anderen Lebensbereichen scheint es regelrecht im Trend zu liegen, beispielsweise im Recruiting. 

Wie Du helfen und selbst profitieren kannst 

Für Dich als Mitarbeiter bedeutet das: Auch Du kannst die Augen offenhalten nach Vakanzen in Deinem Unternehmen und passenden Kandidaten in Deinem sozialen Umfeld. So kannst Du vielleicht aktiv beim Recruiting helfen und genau jene Personen zu Kollegen machen, die Du für qualifiziert und sympathisch hältst. Es entsteht eine Win-Win-Situation, doch achte ebenfalls darauf, stets ehrlich zu bleiben und keinen Druck auszuüben, um Deine Bekannten mit gutem Gewissen anzuwerben. Übrigens haben einige Unternehmen mittlerweile spezielle Programme, die für erfolgreiche Empfehlungen Prämien oder andere Anreize bieten. Läuft die Abwerbung also „richtig“ ab, können schlussendlich das Unternehmen, die bestehenden und die neuen Mitarbeiter gleichermaßen profitieren!

Veröffentlicht
06.08.2024

Author:in
Mirijam Merkoffer