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Keine Angst vor der Zwickmühle: Wie Du bei Stressfragen im Bewerbungsgespräch die Ruhe bewahren und schlagkräftige Antworten finden kannst.
Welches Küchengerät wärst Du? Wie viele Golfbälle passen in ein SUV? Warum sollten Regenwürmer Lederhosen tragen? Solche und ähnliche Fang- oder Stressfragen können Bewerbern im Gespräch mit Personalern schon mal die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Dabei sollte man einfach locker bleiben, Humor zeigen und sogar zurückfragen, findet Bewerbungscoach Bernd Slaghuis. Er selbst wurde einmal in einem Bewerbungsgespräch Opfer der Fangfrage: „Wie viele Flugzeuge sind gerade am Himmel?“ Slaghuis erinnert sich, dass ihn das damals in Stress versetzt hat – doch heute berät er seine Kunden, wie sie auch in solchen Situationen die Ruhe bewahren. Denn gerade bei sehr strukturierten Interview-Prozessen im Konzern-Umfeld halten sich solche Fragen hartnäckig. Für uns hat er im Interview jeweils drei mögliche Antworten auf neun Stressfragen gegeben und erklärt, welchen Hintergrund die Fragen haben und was gute Antwortstrategien sind.
Der Hintergrund dieser Frage ist, etwas über Dich und Deine Persönlichkeit zu erfahren. Bei solchen Analogie-Fragen wird ein Perspektivwechsel vollzogen: Du sollst über Dich selbst sprechen, dies aber an Eigenschaften von etwas anderem festmachen. Sei kreativ und spontan. Suche Dir ein Küchengerät aus, das zu einer Deiner besonderen Fähigkeiten oder Soft-Skills passt. Es muss nicht perfekt sein - und wenn Du keine Lust auf dieses Spielchen hast, dann zeige es mit einer ebenso absurden Antwort.
Ein Versuch des Personalers, die klassische Frage nach den Schwächen neu zu verpacken und Dich künstlichem Stress auszusetzen. Er möchte herausfinden, wie Du Dich verhältst, wenn Du keine Antwort parat hast. Bleibe gelassen und gehe ihm nicht ins Netz, indem Du verrätst, was Du nicht preisgeben möchtest. Diese Frage schreit förmlich danach, Deinem Gegenüber mit einem Augenzwinkern anzulächeln und die Frage abblitzen zu lassen.
Dies ist tatsächlich eine typische Frage, um Dein logisches Denkvermögen zu testen und zu erkennen, wie Du denkst und an Problemsituationen herangehen – das finden die Recruiter nämlich nicht in Deinem Lebenslauf. Es geht wie bei allen Schätzfragen nicht um die vollkommen korrekte Antwort, sondern vielmehr um Deine Herangehensweise für den Lösungsweg. Also zücke Dein Handy, öffne die Taschenrechner-App und los geht’s: Wie groß ist der Durchmesser eines Golfballs, wie viele Bälle passen in einen Kubikmeter und wie groß ist ungefähr der Innenraum eines SUVs? Lasse Dein Gegenüber teilhaben: Denke laut!
Diese Frage ist so blöd, dass sie in einem ernst gemeinten Bewerbungsgespräch auf Augenhöhe heute eigentlich keinen Platz mehr haben sollte. Es gibt andere Möglichkeiten, Deine Kreativität zu erkennen. Also: Überlege nicht lange, sondern sprich aus, was Dir gerade in diesem Moment durch den Kopf geht. Mache Dir klar: Es gibt keine „Fangfragen“: Jede Frage hat eine Absicht, also verstehst Du im Moment nur nicht, welche der Personaler verfolgt. Frage danach. Im normalen Gespräch abends in der Kneipe würdest Du schließlich auch nachfragen, wenn Du eine Frage nicht verstehst.
Wieder eine dieser subtilen Stressfragen, um an Informationen über Ihre Persönlichkeit zu kommen. Und dazu noch defizitorientiert, denn Du verrätst mit Deiner Superheldenkraft, was Dir heute fehlt. Suche nicht zu verkrampft nach der einen richtigen Antwort, denn jede Deiner ehrlichen Antworten auf diese Frage kann aus unterschiedlichen Perspektiven anders bewertet werden. Hast Du keine Lust, im Gespräch gedanklich zum Superhelden zu mutieren, dann zeige es mit einer klaren, sachlichen und selbstbewussten Reaktion.
Ähnlich wie bei den Küchengeräten geht es hier eigentlich um eine Analogie zwischen typischen Eigenschaften eines Tieres und Deinen. Durch den tierischen Vergleich musst Du nicht direkt über Dich sprechen, sondern kannst im Tierbild bleiben. Wenn Du keine Lust auf eine ernst gemeinte Antwort hast, dann sei kreativ und zeige Deinem Gesprächspartnern, dass ein Bewerbungsgespräch weder Kindergeburtstag noch Besuch beim Psychologen ist.
Mit dieser Frage möchten Recruiter herausfinden, ob Du über Leichen gehst, um Ziele zu erreichen, wie risikobereit Du bist und ob Du auch mal Deine sichere Komfortzone verlässt. Antworte ernsthaft mit einem leichten Regelbruch, für den Dir nicht sofort die Handschellen angelegt werden, dann können Personaler daraus ableiten, was Dir besonders wichtig ist. Vielleicht konterst Du ja lieber mit einer passenden Antwort, mit der Du nicht die Karten auf den Tisch legst, denn das würde auf der anderen Seite vermutlich auch keiner Deiner Gesprächspartner selbst tun.
Eine wirklich komplizierte Frage, die wohl niemand als Bewerber spontan und ehrlich beantworten kann, ohne die verschiedenen Ex-Kollegen gedanklich durchzugehen und die eigene Fremdwahrnehmung zu reflektieren. Personaler möchten erfahren, was alle bisherigen Kollegen an Dir geschätzt oder gehasst haben, egal ob Freund oder Feind.
Jeder von uns hat Träume und Wünsche, die wir mit einem Lotto-Gewinn realisieren könnten. Sei als Bewerber ehrlich und vergiss bei dieser Frage, dem Personaler als braver Arbeitnehmer gefallen zu müssen. Es geht nicht darum, ob Du dann Deinen Job an den Nagel hängen würdest, sondern um Deine echten Ziele, Lebensmotive und auch um den privaten Menschen in Dir. Dies ist übrigens auch eine der guten Stressfragen, die Du Deinem potenziellen zukünftigen Chef als Gegenfrage stellen könnest.
Veröffentlicht
07.07.2023