Ideensymbol in Form einer bemalten Glühbirne mit einem Wecker im Inneren auf blauem Hintergrund © Marina Khromova / Getty Images

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So kannst Du Überstunden reduzieren – ohne Karrierenachteile

Überstunden werden oft mit Motivation gleichgesetzt und deshalb befürchten einige Arbeitnehmer, dass sie ihre Karriere aufs Spiel setzen, wenn sie Überstunden verweigern. Auch herrscht häufig Unklarheit darüber, ob das überhaupt erlaubt ist. Doch die gute Nachricht lautet: Es gibt Wege, um Überstunden zu reduzieren, ohne Deine Karriere zu gefährden.


Überstunden fallen in den meisten Jobs zeitweise an. Doch manchmal werden sie eher zur Regel als zur Ausnahme und damit zur echten Belastung für die Mitarbeiter. Zudem erhalten sie nicht immer einen angemessenen Ausgleich in Form von Freizeit oder Geld. Nur, weil das in einigen Unternehmen üblich ist, heißt das nicht, dass solche Zustände auch erlaubt sind und von Dir akzeptiert werden müssen. Es lohnt sich deshalb, sich als Arbeitnehmer einmal intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen, die rechtlichen Regelungen zu kennen und Überstunden zu reduzieren, bevor sie zur Gewohnheit werden.

Überstunden: Ein kurzer Blick auf die Rechtslage 

Wenn Du wissen möchtest, welche Regelungen in Deinem individuellen Fall rund um Überstunden gelten, empfiehlt sich erst einmal der Blick in den Arbeitsvertrag. Dort werden oft entsprechende Klauseln vereinbart, weshalb es sinnvoll ist, schon vor dem Unterzeichnen den gesamten Arbeitsvertrag im Detail zu lesen. Doch selbst, wenn eine Klausel zur Mehrarbeit vereinbart wurde, bedeutet das nicht, dass diese auch gültig ist. Im Umkehrschluss gibt es Fälle, bei denen keinerlei Regelungen rund um Überstunden festgehalten wurden und auch dann herrscht keine rechtliche Willkür. So oder so solltest Du daher zumindest die grundlegenden Gesetze rund um die Mehrarbeit kennen. Demnach...

  • ...darf ein Arbeitgeber verpflichtende Überstunden anordnen, allerdings nur in Ausnahmefällen. Sie dürfen also nicht zur Regel werden und die Arbeitnehmer nicht benachteiligen. Solche Klauseln in Arbeitsverträgen sind daher zumeist ungültig.
  • ...sind Überstunden gegebenenfalls Pflicht, wenn Du ihnen in Deinem Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung zugestimmt hast. Ist dies nicht der Fall, musst Du auch keine Mehrarbeit leisten – bis auf die soeben erwähnten Ausnahmesituationen.
  • ...muss auch bei Überstunden das Arbeitszeitgesetz eingehalten werden, sprich Du darfst nicht länger als zehn Stunden am Stück arbeiten und als Ausgleich steht Dir die Anzahl dieser zusätzlichen Arbeitsstunden innerhalb der nächsten sechs Monate als Freizeit zu.
  • ...ist auch eine Vergütung als Ausgleich möglich. Ihre Höhe kann vertraglich vereinbart werden, ansonsten dient die „taxmäßige Vergütung“ als Maßstab.
  • ...sind Regelungen ungültig, wonach die Überstunden durch Dein Gehalt oder Deinen Lohn pauschal abgegolten sind. Ohne Ausgleich musst Du keine Mehrarbeit leisten.
  • ...gibt es Ausnahmefälle, in denen keine Überstunden angeordnet werden dürfen, beispielsweise bei schwangeren oder stillenden Müttern sowie für Minderjährige.

Es gibt also viele Fälle, in denen Du keine Überstunden leisten musst und theoretisch einfach „Nein“ sagen kannst.

Weniger statt Mehrarbeit: Tipps gegen Überstunden 

In der Praxis fürchten viele Arbeitnehmer dadurch aber Nachteile bei ihrer Karriere, wie eine ausbleibende Beförderung. Deshalb ist Fingerspitzengefühl gefragt, wenn Mehrarbeit von Dir erwartet wird, Du diese aber nicht leisten musst und willst. Folgende Tipps helfen Dir dabei: 

  1. Deine Produktivität erhöhen, denn manchmal bist Du selbst (zumindest teilweise) für Deine Mehrarbeit verantwortlich, weil Du Deine Aufgaben nicht in der regulären Arbeitszeit schaffst. Dann gilt es, dafür die Gründe zu hinterfragen und Deine Produktivität zu erhöhen, um wieder pünktlich in den Feierabend zu gehen. Dafür kannst Du beispielsweise Produktivitätstechniken ausprobieren, Ablenkungen eliminieren oder Nebentätigkeiten delegieren.
  2. Zusätzliche Arbeit ablehnen, falls die Ursache des Problems darin liegt, dass Dir immer mehr oder schwierigere Aufgaben übertragen werden. Das ist prinzipiell ein Kompliment, jedoch ist es auch im Job wichtig, Grenzen zu setzen. Schaffst Du das souverän sowie professionell, so resultiert daraus in der Regel kein Karrierenachteil, sondern Du wirst im Gegenteil sogar als selbstbewusst und ehrlich eingestuft – was Dich für eine Beförderung qualifizieren kann.
  3. Auf Augenhöhe verhandeln, wenn Überstunden von Dir eingefordert werden oder Du – wie soeben erwähnt – zum Beispiel zusätzliche Arbeit übernehmen sollst. Am besten bittest Du dann um ein Vieraugengespräch und suchst gemeinsam mit Deinen Vorgesetzten nach einer Lösung, die für alle Beteiligten akzeptabel ist. Dadurch kreierst Du ein „Wir-Gefühl“ und signalisierst, dass Dir das Unternehmen wichtig ist, aber eben auch Deine Gesundheit sowie Work-Life-Balance.
  4. Überstundenregelungen festhalten, am besten schon beim Aufsetzen des Arbeitsvertrags. Das ist aber auch noch zu jedem weiteren Zeitpunkt möglich, wann immer Du Mehrarbeit leisten sollst. Verhandle also mit dem Unternehmen, unter welchen Bedingungen Du wie viele Überstunden ableistest und wie Dir diese wann ausgeglichen werden. Wenn alles schriftlich definiert ist, profitieren beide Seiten und Du musst kein schlechtes Gewissen haben, nach der vereinbarten Mehrarbeit in den Feierabend zu gehen.
  5. Ehrlich sein, falls all die anderen Tipps nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben. Werden also zu viele Überstunden von Dir erwartet oder Du erhältst nicht den Dir zustehenden Ausgleich, so ist erneut das Vieraugengespräch wichtig. Darin gilt es, die Problematik zu schildern und deutlich zu machen, dass Du Dir zwar eine Zukunft im Unternehmen wünschst, aber unter anderen Bedingungen und wie diese erreicht werden könnten. Manchmal wird Deinem Gegenüber die Problematik erst dann bewusst. Zumindest merkt es aber, dass Du die Dinge anpackst, wie man so schön sagt, und somit Führungsqualitäten hast.

Eine Garantie, dass diese Tipps zu einer erfolgreichen Karriere ohne (viele) Überstunden führen, gibt es allerdings nicht. In einigen Unternehmen werden Überstunden nach wie vor mit Motivation gleichgesetzt und wer „Nein“ sagt, landet auf dem Abstellgleis. Dann hilft nur ein Jobwechsel, um wieder akzeptable Arbeitszeiten zu haben und dennoch gute Zukunftsperspektiven für Deine Karriere zu genießen. Zum Glück findet mittlerweile aber bei immer mehr Arbeitgebern ein Umdenken statt, denn auch das Unternehmen leidet unter unzufriedenen, überarbeiteten oder kranken Mitarbeitern. Mit dem richtigen Arbeitgeber und einer geeigneten Strategie klappt es daher in vielen Fällen, einen geeigneten Kompromiss zu finden – und die genannten Tipps sind dafür ein guter Anfang.

Veröffentlicht
24.07.2023