Kündigung Mut Jobwechsel © JGI/Tom Grill / Getty Images

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Trau Dich! Warum Du endlich kündigen solltest

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Soll ich, soll ich nicht? Oft hadert man vor einer Kündigung lange mit sich selbst und traut sich nicht. Warum Du es trotzdem wagen solltest, erklärt unser Kooperationspartner t3n.


Du bist natürlich die Ausnahme. Du kannst gar nicht kündigen, weil: die Umstände! Ihr habt gerade eine Wohnung gekauft. Das Familienauto ist ein Firmenwagen. Du stehst doch so kurz vor der Entfristung und die brauchst du, sonst wirst du niemals kreditwürdig! Und außerdem bist du eigentlich ein Hochstapler und wirst nie wieder einen Job finden. Alternativ: Nimm dir einen wasserfesten Stift und schreib deine Bedenken direkt aufs Display.

Hier: _____________________ .

Wenn du auch nur an einer Stelle genickt hast, dann, tja, so ein Pech, dann wirst du wohl für immer in deinem Job bleiben müssen. Bis ans Ende aller Tage. Niemand wird dich retten. Wie fühlt sich dieser Gedanke an? Nicht so gut, oder?

Kündigen muss weh tun. Eine gute Kündigung ist wie eine schlechte Trennung. Wir quälen uns damit. Wir hadern. Wir grübeln. Wir entscheiden uns, entscheiden uns wieder um. Entscheiden noch einmal anders, sind hoch motiviert, dann voller Angst, sind realistisch, dann verträumt, wütend und bereit oder ruhig, in Sorge. Manchmal sehen wir klar – und dann kommt Onkel Konrad mit seinem 45-Jahre-Angestellten-Verhältnis um die Ecke und stülpt eine Käseglocke aus Sorgen über uns. Danke für nichts.

Kündigen macht schlau

Wer seinen Job kündigt, der verlässt die gewohnte Umgebung. Er verlässt die Menschen, die er vielleicht nicht ausnahmslos mag – aber zumindest kennt und einschätzen kann. Das erfordert Mut. „Better the devil you know“, sagt ein Sprichwort. Es bezieht sich auf ein psychologisches Phänomen: Wir bewerten das, was wir kennen, höher, als das, was wir nicht kennen. Große Erwartungen sind uns in solchen Situationen fremd, die Sorge übernimmt.

Doch es ist okay, dass die Kündigung weh tut. Wenn es nicht weh tut, dann hast du sie nicht zu Ende gedacht. Kündigungsgründe sind vielfältig. In vielen Umfragen liegt schlechte Stimmung im Team weit vorn. Stress und übersteigerter Leistungsdruck gehören dazu, wenig Handlungsspielraum, mangelnde Förderung oder Aufstiegsmöglichkeiten.

Alles Dinge, die es in Unternehmen durchaus gibt. Nur nicht in jedem. Manchmal gibt es sie auch – aber eben nicht für dich. Das sind die Situationen, bei denen man gehen sollte. Wer unzufrieden arbeitet, der wird nicht besser. Frustration, Resignation – Burnout. Alles Phänomene, die niemand möchte. Alles Phänomene, mit denen wir nicht (mindestens) die Hälfte unserer Wachzeit verbringen möchten.

Veränderung tut gut, sagt die Neurowissenschaft. Verändern wir uns, fordern wir das Gehirn heraus. Neue Verknüpfungen entstehen, das macht kreativer und glücklicher – und übrigens auch schlauer.

Vorbereitung gibt Sicherheit

Erst die Freiheit nach einer Kündigung lässt Angestellte klar sehen, was sie wirklich wollen. Aus „ich will nicht mehr“ wird ein klares: „DAS will ich.“ Und diese Erkenntnis wirkt sich auf den nächsten Job aus. Das bedeutet aber nicht, dass etwas Vorbereitung nicht sinnvoll wäre. Wer ohne Anschluss-Job kündigen möchte, der sollte sich zumindest über die rechtlichen Bestimmungen des Arbeitslosengeldes informieren. Ein kleines Sparkonto mit Geld für drei, idealerweise sechs Monate gibt Sicherheit. Auch sinnvoll: erst einmal den Arbeitsvertrag durchlesen. Wie lange ist überhaupt die Kündigungsfrist?

Dazu hilft auch eine Aufstellung über die Ausgaben. Viele schreiben hierfür gern auf, wie viel sie mindestens zum Leben brauchen: Fixkosten + Lebensmittel. Doch diese Zahl ist unrealistisch. Klüger ist es, die tatsächlichen Ausgaben zu notieren und dann alle wirklich unnötigen Posten zu streichen.

Niemand hat es je bereut

Ich habe für diesen Artikel auf allen Plattformen gefragt, ob irgendjemand jemals einen Jobwechsel oder einige Kündigung bereut hat. Die Resonanz war erstaunlich groß. Viele Menschen haben etwas zu diesem Thema zu sagen. Weil viele Menschen starke Emotionen mit ihrer Kündigung verbinden, auch, wenn es um etwas eigentlich so Professionelles wie den Job geht. „Habt ihr es bereut?“, frage ich. Alle sagten „Nein“.

„Ich würde es wieder tun“, las ich häufig. Oder: „Traut euch.“ Ralf Heimann, dessen Antwort ihr unten im Detail lesen könnt, schrieb: „Vieles, was sich nach der Kündigung ergibt, kann man sich vorher nicht vorstellen.“ Eine Kündigung ist die maximale Freiheit – und Freiheit ist schwer vorhersehbar.
Der Autor Stephan Orth („Couchsurfing im Iran“) fasste es sehr schön zusammen: „Vorher monatelang gehadert. Dann keine Sekunde lang bereut.

Kerstin Fuhrmann ist Coach für Berufung und Gastgeberin des „Gefühlt Erfolgreich“-Podcasts

Warum hast du gekündigt?
Diese Frage wird mir oft gestellt. Die kürzeste und ehrlichste Antwort lautet: Es hat sich einfach nicht mehr richtig angefühlt.

Welche Bedenken hattest du?
Einige! Ist die Kündigung ein großer Fehler, den ich bereuen werde? Wie wird es finanziell weitergehen? Was ist, wenn ich keinen Job finde, der sich „richtig“ anfühlt?

Wie kam es dann?
Ein paar wundervolle Sommerwochen lang habe ich meine neugewonnene Freiheit genossen. Einfach das gemacht, auf was ich Lust hatte. Intuitiv clever, denn ohne jegliche Verpflichtungen stellt sich schnell heraus, was die wirklich eigenen Interessen und Leidenschaften sind. Ich beschäftigte mich mit Psychologie, Persönlichkeitsentwicklung, der Sinn-Frage, besuchte Fortbildungen, vernetzte mich mit spannenden Menschen. Interessantes, Tipps und Erkenntnisse teilte ich in meinem Podcast „Gefühlt Erfolgreich“. Meine Berufung fand ich schließlich darin, andere Menschen dabei zu begleiten, ihre Berufung zu finden.

Ralf Heimann ist Journalist

Warum hast du gekündigt?
Ich glaube, ganz typischer Fall: Ich stand nicht mehr hinter dem, was ich da jeden Tag gemacht habe. Das kann ja ganz unterschiedliche Gründe haben. Aber oft ist es schwer, das wieder hinzubekommen. Und meine Erfahrung ist: Meistens wartet man zu lange.

Welche Bedenken hattest du?
Das vielleicht größte Problem ist: Vieles, was sich nach der Kündigung ergibt, kann man sich vorher nicht vorstellen. Ich hatte mir das vorher über viele Monate immer wieder ausgeredet, weil ich mir die Optionen überlegt hatte, aber die waren nur so mittelgut.

Wie kam es dann?
Das, was sich dann später tatsächlich ergab, hatte ich vorher gar nicht auf den Zettel. Ich hatte Geld gespart, um davon ein paar Monate leben zu können. Das hab ich zwar nicht gebraucht, aber es gibt mir auch heute noch ein sicheres Gefühl. Wenn man kündigt, um frei zu arbeiten, ist das eine völlig neue Rolle, in die man erst hineinfinden muss. Mir hat sehr geholfen, dass ich viele Menschen kannte, die das schon hinter sich hatten, und die ich fragen konnte, wenn ich mal nicht weiter wusste.

Nicola Sieverling ist Autorin des Buches „Plan B. Endlich etwas finden, für das man wirklich brennt“, coacht und gibt Seminare

Warum kündigen Menschen?
Es geht im Leben um Erfüllung und Sinnhaftigkeit – gerade auch im Job! Es darf nicht darum gehen, Frust gegen Freude am Arbeitsplatz einzutauschen und so viel wertvolle Zeit bis zur Rente auszuhalten. Das Leben ist zu kurz für faule Kompromisse. In dieser „neuen Zeit“ hat das noch mehr Gültigkeit.

Welche Bedenken haben sie?
Ich spreche von den JA-Aber-Fallen, die den ersten Schritt blockieren. Das ist zum einen die Routine, also die Komfortzone, die verlassen werden muss. Zum anderen die Geldfrage. Kann ich mit meinem neuen Business genug Geld verdienen oder muss ich dann unter der Brücke schlafen? Ich rate zu einem Denken mit XXL-Visionen und einem Zwischenschritt. Hauptsache, Veränderung findet statt. Dahinter steht der Wunsch nach Weiterentwicklung. Go!

Wie kommt es dann?
In jedem Fall besser, weil eine Art Befreiung stattfindet. Endlich können die Träume gelebt werden, die oftmals verschütteten Talente und Fähigkeiten. Dieser Mensch im Wandel spürt: Da ist so viel mehr in mir, als ich dachte! So viele innere Schätze, die ich als mein Rüstzeug für den Plan B nutzen kann. Die Botschaft lautet: Du bist keine Maus, die verängstigt vor dem Tor steht, sondern kannst zum Bären werden, der stolz und stark seinen Weg geht.

Jessica Wagener ist Journalistin – und studiert in Schottland

Warum hast du gekündigt?
Ich habe meinen festen Job gekündigt, weil es leider nicht möglich war, im Festanstellungsverhältnis von Glasgow aus zu arbeiten. Da ich aber nach persönlich sehr kräftezehrenden Jahren unbedingt nach Schottland wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als meine Befristung nicht zu verlängern.

Welche Bedenken hattest du?
Besonders Sorgen gemacht habe ich mir – wie wahrscheinlich alle Freiberuflichen – ums Einkommen. Die Frage „Kann ich nächsten Monat die Miete zahlen UND Essen kaufen?“ hat mir die eine oder andere schlaflose Nacht beschert. Außerdem tat es mir im Herzen weh, eine großartige Chefin und ein tolles Team zu verlassen. Insgesamt wiegen die Vorteile aber alles andere auf. Schottland ist schön, die freie Zeiteinteilung auch – und jetzt arbeiten viele Journalisten ja eh im Homeoffice.

Wie kam es dann?
Mich hat nach der Kündigung ein Netzwerk fantastischer Menschen unterstützt, dafür bin ich sehr dankbar. Die Auftragslage ist okay, das mit der Miete läuft und ich habe den Freiraum, um hier in Glasgow zu studieren und mir damit einen Lebenstraum erfüllen zu können. Klar ist das anstrengend, aber ich kann mir momentan nicht mehr vorstellen, einen klassischen 9-to-5-Job zu machen. Ich finde: Mut lohnt sich.

Veröffentlicht
27.05.2021

Author:in
Isabell Prophet