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Zugegeben, es gibt bessere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung als schlechte Noten. Aber wegen mauer Schul- oder Uniabschlüssen allein ist die Karriere noch längst nicht vorbei – wenn man andere Qualitäten hat.
Wohl kaum eine andere Frage entzweit Personalexperten, wie die, ob schlechte Noten die Chancen von Bewerbern auf dem Arbeitsmarkt deutlich verschlechtern. Die Diskussion wird seit Jahren heftig, aber ohne konkretes Ergebnis geführt. Fest steht im Moment wohl nur eines: Ob und wie viel die Note zählt, kommt auf die Branche und die Größe des Unternehmens an. Und auf Charisma, Willen und andere Fähigkeiten des Bewerbers.
Bei größeren – und damit für viele auch attraktiveren - Unternehmen gehen wöchentlich Hunderte von Bewerbungen ein. Um dieser Flut Herr zu werden, haben diese Firmen ihr Bewerbungsverfahren mindestens in den ersten Stufen weitgehend automatisiert. Und dabei fallen Kandidaten mit schlechten Noten fast immer raus, weil die Auswahlalgorithmen nur nach bloßen Formkriterien gehen (können). Schwierig mit schlechten Noten sind ebenfalls Bewerbungen in Berufen, die ein hohes Maß an Fachwissen einfordern. Konkret gesagt bekommen Sie mit einem schlechten Abschluss in Jura, mit dem Berufswunsch Wissenschaftler oder als forschender Ingenieur, wenn überhaupt, nur unattraktive Posten in ihrer Traumbranche.
Es klingt wie ein Widerspruch zu Punkt 1, ist es aber nicht. Viel mehr Firmen als noch vor wenigen Jahren legen bei ihren Bewerbern Wert auf die sogenannten Soft Skills wie Kommunikationsvermögen, Teamfähigkeit oder Empathie. In der immens durchgetakteten Arbeitswelt mit vielen schnellen Wechseln haben positiv eingestellte Menschen, die Lust auf Veränderungen haben und gerne mit anderen zusammenErfolge erzielen wollen, gute Karten. Und diese Eigenschaften werden in Schul- oder Unizeugnissen wenn überhaupt nur ungenügend gespiegelt. Darum kann man hier seine schwachen Noten ausgleichen – durch engagierte Praktika zum Beispiel oder erfolgreich bestandene Auswahlverfahren.
Selbst wenn man beim ersten Job nicht gerade den Traumarbeitsplatz ergattern konnte, hat man als Berufseinsteiger viel schneller als noch vor einigen Jahrzehnten die Chance, doch Karriere machen. Denn die Bereitschaft, Leistungen anzuerkennen und Talente zu fördern, ist in den meisten Unternehmen deutlich größer geworden. Dazu kommen noch offenere, weniger hierarchische Strukturen in vielen Firmen, in denen früher noch manches Talent entweder unerkannt oder ausgegrenzt sein gesamtes Berufsleben im Kämmerlein fristen musste. Und selbst wenn es in der ersten (oder zweiten) Firma nicht klappen sollte, mit der Karriere – auch die Toleranz gegenüber schnelleren und häufigeren Jobwechseln ist hierzulande immens gestiegen.
Okay, das mit den Strebern ist ungerecht – ein guter Abschluss ist nach wie vor ein anerkennenswerter Start in eine erfolgreiche Berufslaufbahn. Und trotzdem gibt es viele Firmen, die Bedarf an Menschen haben, deren vorrangige Stärken schon früh in der Praxis liegen und die eine gesunde Hands-on-Mentalität an den Tag legen. Der deutsche Mittelstand sucht – eine vernünftige Ausbildung stets vorausgesetzt – Fachkräfte aus den jüngeren Generationen, die beim dort dringend benötigten digitalen Wandel helfen können. Hier locken großartige Entwicklungsmöglichkeiten, wenn man das richtige Unternehmen erwischt. Und auch die Startup-Kultur in Deutschland ist nicht mehr nur auf vier Blocks in Berlin konzentriert. Überall im Land versuchen junge Firmen, die Chancen der Zeit für sich zu nutzen – oft sind sie selbst gegründet von Studienabbrechern oder frustrierten Berufseinsteigern, die ausprobieren wollen, wie weit ihre Talente sie tragen. Wer sich hier bewirbt, kann sicher sein, dass seine Zeugnis- oder Abschlussnoten nicht mit der Goldwaage gemessen werden. Text: Thorben Hansen
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Veröffentlicht
25.04.2017