Jobhopping kann der Karriere dienen - wenn man es richtig macht

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Jobhopping: Mut zum bewegten Lebenslauf

Was tun, wenn ein neuer Job reizt - aber man den jetzigen doch erst zwei Jahre hat? Haben Sie keine Angst, als Jobnomade abgestempelt zu werden. Gut begründet, ist Jobhopping sogar ein Karriere-Booster.


Zum neuen Jahr wieder ein neuer Job? Stefan Hiermeyer* zögerte nicht lang: eine Unternehmensberatung, ein großer Name, eine interessante Stelle, da schlug er zu. „Ich fand die Aufgabe einfach interessanter und ich wusste, dass mich das persönlich weiterbringt“, sagt Hiermeyer. In seinem alten Job war der 29-Jährige knapp drei Jahre, in dem davor ein Jahr und fünf Monate. Dass ihm das einmal als sprunghaftes Jobhopping negativ ausgelegt werden könnte, darüber machte er sich keine Sorgen. Zu recht, wie Sabine Hansen, Personalberaterin bei Kienbaum, sagt: „Früher gab es die Regel, alle drei bis fünf Jahre ein Wechsel – heute ist das aufgeweicht, Wechsel nach zwei Jahren sind nicht mehr ungewöhnlich. Der Grund ist, dass viele Jobs deutlich projektorientierter angelegt sind.“ Das belegen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Arbeitsagentur: Es kam 2014 zu dem Ergebnis, dass bei den heute 38-Jährigen die durchschnittliche Zeit in einem Job nur noch knapp 22 Monate beträgt. Auch Christoph Häusler, Leiter einer Recruiting-Abteilung beim weltweiten Technologiekonzern 3M, bestätigt diesen Trend: „Ich mache das seit vier Jahren und konnte beobachten, dass ‚bewegte Lebensläufe’ in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, Tendenz steigend“, sagt er.

Man sollte sein Jobhopping logisch erklären können

Dass die deutschen Arbeitnehmer zunehmend offen für Neues sind, zeigte auch eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag von Xing erst vor wenigen Monaten: Gut jeder Dritte könnte sich vorstellen, in diesem Jahr den Job zu wechseln, obwohl 83 Prozent mit ihrer derzeitigen beruflichen Tätigkeit zufrieden sind Die deutschen Arbeitnehmer haben Lust auf Veränderung. Aber Vorsicht: Damit der Wechsel auch langfristig der Karriere hilft, sollte man nicht blindlings in den nächsten Job stolpern. Sabine Hansen warnt: „Häufige Wechsel können natürlich auch ein Nachteil sein, wenn man sieht, dass der Bewerber immer den gleichen Job gemacht hat - nur bei anderen Unternehmen: Das macht einen wackeligen Eindruck.“ Auch Häusler von 3M sagt: „Mir ist wichtig, dass der Bewerber sein Jobhopping gut erklären kann: Dass er dadurch mehr Erfahrungen gemacht hat oder eine Karriereentwicklung genommen hat, die er im alten Unternehmen nicht bekommen hätte.“ Die neue Station logisch erklären zu können, rät auch Hansen – obwohl es nicht immer der Verantwortungszuwachs sein muss: „Oft sind das ja profane Dinge: ‚Ich habe den Job gewechselt, weil ich nicht mehr so weit fahren muss und mehr Zeit für meine Familie habe’ – auch so kann und darf man Wechsel heute offen erklären, das wird positiv bewertet“, sagt sie.

Jobhopper sind oft flexibler

Wenn die Logik stimmt, können die vielen Stationen sogar zum Vorteil werden, sagt Häusler von 3M: „Es passt gut zu uns, wenn jemand wechselbereit ist. Diese Bewerber sind oft flexibler, sowohl gedanklich, als auch was die Mobilität betrifft. Unsere Philosophie ist ja auch intern: Wir wollen einen Wechsel zwischen unseren Standorten. Menschen, die schon viel rumgekommen sind, sind dafür viel empfänglicher“, sagt Häusler. Auch zwischen den Abteilungen und ganzen Fachbereichen will 3M den Wechsel ankurbeln: „Eine meiner HR-Mitarbeiterinnen ist erst vor kurzem in den Vertrieb im Bereich ‚Konsumgüter’ gewechselt“, sagt Häusler. „Aber nicht nur Jobhopping, auch komplette Berufswechsel sind heute nicht mehr ungewöhnlich, weil vielen Branchen konvergieren“, sagt Sabine Hansen. Besonders gut sehe man das an der Autobranche: Heute sucht Google nach Leuten mit Benzin im Blut und nach Ingenieuren, und Audi stellt Programmierer ein und Mitarbeiter, die Informationstechnologie und Elektromobilität verstehen. „Da sind Menschen, die für viel Wechsel offen sind und dadurch die übergreifend denken sogar unabdingbar“, sagt Hansen. Auch Häusler von 3M sagt: „Berufswechsel im Lebenslauf sind für mich völlig ok: Einer unserer außergewöhnlichsten Fälle ist sicher ein Theologe, der sich bei uns für den Vertrieb beworben hat und mittlerweile in einer mittleren Führungsposition beschäftigt ist.“

Weg von der Lehrbuch-Karriere

Laut Sabine Hansen geht die positive Bewertung des Wechsels sogar noch weiter, bis hin zur Ab-Wechslung: „Sogar Auszeiten von Arbeitnehmern kommen bei Personalverantwortlichen mittlerweile gut an. Und: Wer heute ein Sabbatical nimmt, muss nicht mehr mit einem MBA zurückkommen. Auch eine Auszeit für den Yogakurs in Indien kann man heutzutage verkaufen.“ Auch Stefan Hiermeyer könnte sich eine solche Auszeit vorstellen: „Ich hätte Lust, eine Weltreise zu machen oder die Ausbildung zum Tauchlehrer“, sagt er. Sorgen, dann keinen Job zu finden, wenn er wieder einsteigen will, macht er sich nicht. Zu recht, sagt Sabine Hansen: „Mut haben, Erfahrungen machen, die einem keiner mehr nehmen kann: Genau diese Leute werden heute gesucht“, sagt sie. Häusler bestätigt das: „Die Generation, die heute einsteigt, hat nicht immer geradlinige Lebensläufe. Aber wenn da interessante Side-Steps drin sind unterstützt das unsere Philosophie.“ Er hat die Erfahrung gemacht, dass junge Leute ihre Karriere heute nicht mehr nach dem Lehrbuch planen: „Es wird nicht geschaut: Was wird ein Unternehmen mal darüber denken? Sondern: Bringt es mich persönlich weiter?“ So hat auch Hiermeyer bei seinen Wechseln entschieden: „Ich habe das aus dem Bauch raus gemacht, nur ‚für die Karriere’ hätte ich es nicht getan“, sagt er. Genau richtig, findet Sabine Hansen: „Am Ende darf man es sich heute wieder leisten, zu überlegen: Was macht mich wirklich glücklich? Und das darf man dann auch machen. Denn wenn ich selbst daran glaube, dass es gut für mich ist, kann ich es anderen auch glaubwürdig erklären.“ Text: Maria Zeitler (* Name von der Redaktion geändert)


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Veröffentlicht
19.05.2016