Beinahe jeder dritte Jobsuchende hat sich im Bewerbungsprozess schon einmal
aufgrund seines Alters, Geschlechts, Aussehens, Familienstands oder seiner Herkunft benachteiligt gefühlt. Das geht aus einer
repräsentativen Studie des Marktforschungsinstituts EARSandEYES hervor, für die im Sommer diesen Jahres 2.000 in Deutschland lebende Personen zwischen 18 und 69 Jahren befragt wurden.
Bereits 2010 hatte sich bei einer Vorgängerstudie ein gleich hoher Anteil von 30 Prozent entsprechend geäußert. Allerdings gibt es Unterschiede: Während vor acht Jahren
auffällig viele ältere Befragte (älter als 50 Jahre) von Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt berichteten, verteilt sich diese Wahrnehmung in der aktuellen Befragung
gleichmäßig über alle Altersgruppen.
Anonyme Bewerbungsverfahren sind kaum verbreitet
Anlass für die damalige Befragung war die Erprobung von
anonymen Bewerbungsverfahren im Rahmen eines Pilotprojekts. Die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte den Versuch mit einer Reihe von Unternehmen und Behörden in Deutschland initiiert. Acht Jahre später sieht die
Bilanz jedoch ernüchternd aus: Die Bewerbung ohne Foto, Name oder weitere persönliche Daten hat lediglich vereinzelt Eingang in bestehende Prozesse gefunden.
Das Ergebnis der aktuellen Studie spiegelt dieses Bild wider: Zwar glaubt die Mehrheit der Befragten (54 Prozent) heute, dass anonyme Bewerbungsverfahren zu mehr Gerechtigkeit und weniger Diskriminierung beitragen können, fast ebenso viele sehen für sich selbst aber Vorteile bei einer nicht-anonymen Bewerbung (53 %) und würden bei freier Wahl alle üblichen Angaben zur eigenen Person anführen (54 Prozent).
Nur eine Minderheit glaubt an Vorteile bei anonymer Bewerbung
Lediglich 15 Prozent der Befragten gehen davon aus, mit einer anonymen Bewerbung wirklich besser zu fahren. Immerhin 20 Prozent rechnen mit gleich guten Chancen, wenn sie eine vollständige oder eine anonyme Bewerbung einreichen. Als Hauptgrund für die Skepsis nennt eine Mehrheit der Ablehner (52 Prozent), dass eine anonyme Bewerbung den Prozess
lediglich verzögere, denn spätestens beim Vorstellungsgespräch würden die Angaben zur Person ohnehin bekannt. Ein Drittel befürchtet, eine Bewerbung ohne persönliche Daten werde
beim potenziellen Arbeitgeber nicht gern gesehen.
Auch eine Studie des
Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zeigt, dass Diskriminierung bei der Bewerbung in Deutschland häufig vorkommt. Das WZB hatte 6.000 fiktive Bewerbungen für acht Ausbildungsberufe auf reale Stellenausschreibungen verschickt. Das Ergebnis: Bewerber mit
Migrationshintergrund haben deutlich schlechtere Aussichten einen Job zu bekommen als in Deutschland geborene Kandidaten.
60 Prozent aller Bewerber ohne Migrationshintergrund erhielten eine positive Rückmeldung, während dies nur bei 51 Prozent der Bewerber mit ausländischer Herkunft der Fall war – trotz gleicher Qualifikation.
Diskriminierung variiert je nach Herkunftsland stark
Dabei beobachteten die Forscher, dass die ethnische Diskriminierung je nach Herkunftsland stark variiert. So haben etwa Bewerber mit Eltern aus anderen europäischen oder ostasiatischen Ländern kaum Nachteile. Die Chancen für Jobsuchende mit Wurzeln in Afrika oder muslimischen Ländern sind dagegen weitaus schlechter. Als Hauptgrund für die Diskriminierung identifizieren die Wissenschaftler
kulturelle Distanz, die zur Ablehnung führt.