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In englischsprachigen Ländern haben sich Referenzen als Teil der Bewerbung längst etabliert. In Deutschland ist das noch nicht so. Verlangt ein potenzieller Arbeitgeber sie, gibt es bestimmte Standards zu beachten.
Wer einen Job sucht, fragt sich nicht selten, was heutzutage in die Bewerbungsmappe und das Anschreiben gehört. Und brauche ich Referenzen? Welche Fähigkeiten kommen gut an, mit welchen Eigenschaften kann ich punkten, und was will das Unternehmen von mir? Für den Mexikaner Luis Delgado sind diese Fragen besonders schwer. Seit einigen Monaten sucht er in Deutschland nach einer Stelle als Chemiker. Obwohl er in Kanada studiert und dort mehrere Jahre gearbeitet hat, weiß er nicht so genau, wie er den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt schaffen soll.
Wenn man mit hunderten Mitbewerbern um eine Stelle konkurriert, muss man herausstechen. Doch wie, wenn man nicht durch passende Zusatzqualifikationen oder ungewöhnliche Etappen im Lebenslauf auffällt? Im englischsprachigen Raum ist es üblich, den Unterlagen Referenzschreiben beizulegen. Auch in Kanada sei das so, sagt Luis Delgado. In Deutschland dagegen sind sie noch nicht selbstverständlich Teil der Unterlagen. Doch das scheint sich gerade zu ändern. Aus Sicht von Silvia Hänig vom Bundesverband der Personalmanager werden Referenzen im Bewerbungsprozess immer wichtiger. Als Chefin einer Kommunikationsberatung bekommt sie jeden Monat mehrere Bewerbungen auf den Schreibtisch. «Aus eigener Erfahrung finde ich Referenzen wichtig, da sie eine generelle Bestätigung der Leistungen des Bewerbers durch einen unabhängigen Dritten sind», sagt sie. «Sie geben dem potenziellen Arbeitgeber das Gefühl, die richtige Wahl getroffen zu haben.»
Doch was genau sind Referenzen und wie unterscheiden sie sich von den üblichen Arbeitszeugnissen? In Deutschland gibt es für Referenzschreiben noch kein einheitliches Format. Herauskristallisiert haben sich bislang zwei Arten: Zum einen das persönlich und individualisiert formulierte Schreiben von nicht mehr als einer Seite. Oder der Kontakt der Person, die für eine Referenz über den Bewerber zur Verfügung steht, integriert im Lebenslauf, in Absprache mit dem Referenzgeber. Die als Fließtext verfassten Referenzschreiben beinhalten im Gegensatz zu den Arbeitszeugnissen keine verschwurbelten Formulierungen, die als Codes für bestimmte Aussagen dienen. Sie sind individueller gestaltet. Referenzschreiben können gerade deshalb ein breiteres Bild von Bewerbern zeichnen, findet Silvia Hänig. Denn sie arbeiten idealerweise die persönlichen Stärken heraus, also die sogenannten Soft Skills. «Für die Zukunft werden immer weniger fachliche, sondern vielmehr soziale und mentale Fähigkeiten eine Rolle spielen», sagt Silvia Hänig. «Besonders wichtig wird es, offen gegenüber neuen Aufgaben zu sein.» Wem soziale Kompetenzen, Empathie und Kollegialität im Referenzschreiben bescheinigt werden, könne unter Umständen sogar fehlende fachliche Qualifikationen wettmachen.
Luis Delgado hat ein Referenzschreiben von seinem Universitätsprofessor. Beigelegt habe er es bisher nicht. In Kanada sei es üblich, Referenzschreiben nur auf Nachfrage einzureichen. Referenzen von ehemaligen Arbeitgebern kann er nicht vorweisen, das Verhältnis zu seinem Ex-Chef sei im Streit geendet. Ein wohlwollendes Schreiben könne er von ihm nicht erwarten, sagt er. So wie Luis Delgado dürfte es vielen gehen. Denn die Entscheidung, das Unternehmen zu verlassen, hat oft einen Grund. «Referenzgeber müssen nicht zwangsläufig die ehemaligen Chefs sein. Viel wichtiger ist es, eine Person im Unternehmen zu finden, die das beste Gespür, nicht nur für Leistungen, sondern im Umgang mit den Mitarbeitern zeigt», sagt Hänig.
Kritischer über Referenzschreiben äußert sich Karriereberater Bernd Slaghuis. Referenzen könnten einen falschen Eindruck vermitteln. Er rät sogar davon ab, die Telefonnummer des ehemaligen Arbeitgebers im Lebenslauf anzugeben. «Es schwächt den Bewerber, weil mitschwingt, er allein sei mit seinen Angaben in Lebenslauf und Anschreiben nicht ausreichend glaubwürdig», sagt Slaghuis. Nach dem Motto: Wenn Sie mir nicht glauben, rufen Sie doch meinen Ex-Chef an. «Der Bewerber bringt sich selbst in eine Bittstellerposition und kommuniziert so nicht auf Augenhöhe.» Beim Bewerbungsprozess sei es die eigene Haltung, die besonders wichtig sie, betont Slaghuis. Und da passe das Angeben von Referenzgebern nicht dazu. Slaghuis empfiehlt, die eigenen Stärken und Talente im Anschreiben selbst herauszustellen. Dabei könne man die Außensicht einnehmen und die Eigenschaften betonen, die die Kollegen an einem schätzen. Wo Referenzen von neuen Arbeitgebern verlangt werden, sollten sie nach Meinung von Slaghuis den Anlagen untergeordnet werden und nicht an präsenter Stelle direkt hinter dem Lebenslauf erscheinen. Luis Delgado denkt mittlerweile, dass Bewerbungen ihn nicht an sein Ziel führen, eine Stelle zu finden. 150 hat er bislang geschrieben und verschickt, zu mehreren Telefon-Interviews wurde er eingeladen, persönlich klappte es noch nie. Er glaubt, dass es effektiver sei, zu netzwerken. So habe er auch die Stelle in Kanada bekommen - über Kontakte. Also auch eine Art Referenz: eine persönliche Empfehlungen von Menschen, die einen kennen. Text: Sofie Czilwik, dpa
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Veröffentlicht
07.06.2019