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Wie überall in der Arbeitswelt gibt es auch in Bewerbungsgesprächen absolute No-gos. Unser Kooperationspartner t3n hat seine Leser befragt und diese elf Beispiele für skurrile und skandalöse Situationen in Vorstellungsgesprächen zusammengetragen.
Es gibt Vorstellungsgespräche, die verlaufen angenehm. Und es gibt Vorstellungsgespräche, die lassen bisweilen sprachlos zurück – sowohl auf der Personaler- als auch auf der Bewerberseite. Wir haben t3n-Leser und -Leserinnen auf Twitter nach ihren skurrilsten Momenten im Jobinterview gefragt und streckenweise sogar skandalöse Antworten erhalten. Einige der Geschichten haben wir ausführlicher aufgearbeitet. Beim Lesen wird eines besonders klar: Wer auf Unternehmensseite so mit Bewerbern und Bewerberinnen umspringt, darf sich über fehlende Fachkräfte und hohe Fluktuation nicht beklagen. Elf Menschen erzählen von ihren Erlebnissen.
Von Annika Schach
Nach meinem Volontariat befand ich mich auf Jobsuche. Die Arbeit in Hamburg war eine spannende Option für mich. Das Vorstellungsgespräch in einer dort ansässigen Agentur zählte jedoch zu den skurrilsten Erlebnissen meiner beruflichen Laufbahn. Ich betrat die Agenturräume und führte zunächst ein Vorgespräch mit der Seniorberaterin. Das Gespräch war angenehm und wir hatten einen guten Draht zueinander. Dann gingen wir in das Büro der Agenturchefin. Sie rauschte in den Raum, setzte sich an den Schreibtisch und – ich traute meinen Augen kaum – legte die Füße auf den Tisch und machte sich eine Zigarette an. Okay, die Agentur betreute einen Kunden aus der Zigarettenindustrie und die Nichtraucherregelungen waren 2004 noch nicht so streng wie heute, aber ich empfand dieses Verhalten als respektlos, unhöflich und ziemlich „bossy“. Und das, obwohl ich selbst Raucherin war. Was sie jedoch nicht wissen konnte, da sie mir nicht einmal eine angeboten hatte. Der Rest des Gesprächs im blauen Dunst passte zu den schlechten Umgangsformen, sodass ich mich für einen anderen Job entschieden habe. Heute als Professorin und Praktikumsbetreuerin empfehle ich: Behandelt junge Menschen respektvoll und fair, denn es spricht sich rum. Wer sich so benimmt, braucht über Nachwuchskräftegewinnung nicht jammern. Die Agentur gibt es heute übrigens nicht mehr.
Von Helena Mager
Nach dem Ende meiner Dienstzeit als Marineoffizierin habe ich 2015 viele Bewerbungsgespräche geführt. Das unglaublichste Jobinterview war im Öffentlichen Dienst. Mir gegenüber saßen fünf Personen, unter anderem auch die Gleichstellungsbeauftragte als einzige Frau. Die Stimmung war seltsam kühl, alle Anwesenden betont einsilbig und abweisend. Nachdem ich eine halbe Stunde fachlich gegrillt worden war, begann die Gleichstellungsbeauftragte, meinen Lebenslauf zu sezieren. Dabei ging es allerdings nicht um Fragen zu meiner fachlichen Qualifikation. Vielmehr hat sie meinen Studienabschluss an einer Bundeswehruniverstität infrage gestellt („Aber das ist doch keine richtige Uni!“) und immer wieder platte Soldatenklischees angebracht („In den Kasernen wird dauernd getrunken! Haben sie ein Alkoholproblem?“). Nach der dritten unqualifizierten Frage habe ich freundlich vorgeschlagen, doch einmal über meine fachlichen Qualifikationen zu sprechen. Daraufhin kam ihr der Personalleiter mit der Frage zuvor, ob ich im Arbeitsalltag eigentlich auch Kleider und Röcke tragen würde. Ich habe gefragt, warum das für die Stelle wichtig sei. Seine Antwort: „Also wenn wir hier schon eine Quotenfrau einstellen müssen, dann wollen wir ja auch was davon haben!“. Ich habe laut gelacht und mit den Worten „Danke, ich finde selbst raus“ den Raum verlassen.
Von Mara Reichert*
Als ich im vergangenen Jahr auf Jobsuche war, stellt ich mich bei einer Agentur für Markenführung vor. Meine Erwartungen an das Gespräch waren hoch. Immerhin kam die Einladung zum Vorstellungsgespräch innerhalb weniger Tage. Das Gespräch fand mit der Abteilungsleitung und HR statt. Wir tauschten uns aus, das übliche gegenseitige abchecken, ob wir zusammen passen. Der erste Dämpfer kam nach 20 Minuten, als die Abteilungsleiterin mitteilte, sie sei in Eile und müsse gleich weg. Sie schicke jemanden rein, der mir was zu einer anderen Stelle erzählen könne – so eine 50/50-Position wäre sicher was für mich. Beworben habe ich mich als Copywriterin. Die Kollegin, die dann reinkam, guckte so verwirrt wie ich und erzählte mir von einer ausscheidenden Dame, die ich als PR-Assistentin ersetzen sollte. Mein Alltag hätte hauptsächlich aus dem Verwalten von E-Mails bestanden, nicht aus kreativer Arbeit. Niemand hatte sich im Vorfeld meinen Lebenslauf richtig angeschaut, so mein Gefühl. Aber auch während des Gesprächs wurde auf die eigentliche Position nicht wirklich eingegangen. Bei Agenturen ergibt sich oft vieles, das anders geplant war. Aber man sollte zumindest ein klein wenig auf den Bewerber und seine Wünsche eingehen. Das hat für mich auch etwas mit Respekt zu tun. Meine Absage an die Agentur habe ich noch am selben Tag mitgeteilt.
Von Annika Ritter
Als ich mit meinem Studium begann, wollte ich unbedingt nebenbei einer Werkstudententätigkeit nachgehen. So bewarb ich mich bei einem großen Forschungsinstitut und wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Darüber habe ich mich natürlich erst einmal sehr gefreut. Um das Website-Contentmanagement ging es dabei. Während des Gesprächs kam dann mein Auslandsaufenthalt zur Sprache. Ich hatte zwei Jahre als Au-pair in den USA verbracht. Eine der besten Erfahrungen, die ich bisher machen durfte. Scheinbar sah das mein Gesprächspartner aber anders: Er fragte mich, ob ein Jahr im Ausland nicht gereicht hätte. Da war ich erst einmal perplex, antwortete aber, dass es für meine persönliche Weiterentwicklung und meine Sprachkenntnisse viel gebracht hätte. Wenig später wechselten wir zu einem Gesprächsteil in Englisch, um meine Kenntnisse zu prüfen. Da ich erst vor kurzem wieder nach Deutschland gezogen war, sprach ich ein absolut flüssiges Englisch mit amerikanischem Akzent, während er sich mit einem mittelmäßigen Englisch mit schwerem deutschem Akzent abmühte. Nach nur wenigen Sätzen reichte ihm das anscheinend auch und wir redeten wieder Deutsch. Den Job habe ich letztendlich nicht bekommen. Das fand ich aber auch gar nicht weiter schlimm. Meine zwei Auslandsjahre würde ich immer wieder verteidigen und es auch genauso noch mal machen.
Von Sachar Klein
2016 entschied ich mich, meinen Arbeitgeber zu verlassen. Also führte ich einige Bewerbungsgespräche. Etwas „speziell“ war das mit einer Kommunikationsberatung: Nachdem die Partner einen tollen Eindruck bei mir hinterlassen hatten, traf ich die Personalerin, die mich recht schnell nach meiner Abitur-Note fragte. Zu dem Zeitpunkt war ich 36. Mein Abi lag 18 Jahre zurück. Ich drückte mein Unverständnis für die Frage aus. Sie meinte, dass das Unternehmen ziemlich einheitlich sei und gute Schulabschlüsse üblich wären. Mein Hinweis, dass ich ja etwas Neues einbringen solle und meine Abi-Note deswegen egal sei, ignorierte sie und beharrte auf einer Antwort. Ich stand auf und ging. Es erschien mir unlogisch und falsch, für etwas bewertet zu werden, was so lange zurücklag. Abgesehen davon, dass die Schule nichts darüber aussagt, ob man ein guter PR-ler wird oder nicht. Die Schule hat mich auf so ziemlich nichts vorbereitet, was ich heute in meinem Job brauche. Selbst mein Verständnis für die deutsche Sprache entwickelte ich später als Student, der sein Geld als Journalist verdiente. Das Gespräch war für meinen Werdegang trotzdem wichtig: Ich verstand, dass meine Ansichten mittlerweile so reif und vielleicht auch radikal sind, dass ich mich selbständig machen musste. Also tat ich das: Nun bin ich derjenige, der Bewerber befragt – nach ihrer Motivation, wie sie die Welt verändern wollen. Gewiss nicht nach Abi-Noten.
Veröffentlicht
02.11.2021
Author:in
Andreas Weck