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Kritikfähigkeit gehört zu den wichtigsten „Soft Skills“ im Berufsleben. Dennoch wirst Du als Führungskraft immer wieder auf Mitarbeiter treffen, die Kritik einfach nicht umsetzen wollen oder sich auf andere Weise als schwierig herausstellen. Hier erfährst Du, wie Du richtig reagierst.
Sie testen ihre Grenzen aus. Sie wollen sich von Dir nichts sagen lassen. Auf Kritik beginnen sie eine Diskussion. Gewünschte Verhaltensänderungen bleiben aus. So oder so ähnlich äußern sich uneinsichtige beziehungsweise schwierige Mitarbeiter im Alltag. Für Dich als Führungskraft kann das eine echte Nerven-Zerreißprobe werden. Schließlich sind solche Persönlichkeiten ein ernst zu nehmendes Hindernis, indem sie Prozesse verlangsamen oder für soziale Konflikte sorgen. Dieses Verhalten zu ignorieren, ist daher keine Option. Aber was kannst beziehungsweise solltest Du stattdessen tun?
Empathie ist hierbei der Schlüssel zum Erfolg. Bevor Du die Machtkarte ausspielst, ist es wichtig, die Perspektive des betreffenden Mitarbeiters einzunehmen und zu versuchen, die Verhaltensweisen zu verstehen. Allein auf diesem Weg lassen sich einige Hürden bei Deinem Gegenüber auflösen. Steckt beispielsweise Trotz hinter dem Verhalten, weil sich die Mitarbeiter von Dir bei Entscheidungen übergangen fühlen, lässt sich dieser durch Empathie auflösen. Beginne also damit, Dich an der eigenen Nase zu fassen und Dich zu fragen, inwiefern Du vielleicht (auch) selbst an der Situation schuld bist.
Manchmal ist nämlich gar nicht der Mitarbeiter schwierig, sondern Du hast einen Führungsfehler begangen und musst Dich diesbezüglich ebenfalls als einsichtig beweisen – sozusagen mit gutem Vorbild vorangehen. Selbstreflexion ist somit ein wichtiges Stichwort. Vielleicht richten sich die schwierigen Verhaltensweisen aber auch gar nicht gegen Dich persönlich, sondern der oder die Angestellte durchlebt gerade privat eine schwierige Phase und diese macht sich auch im Job bemerkbar. Nur, wenn Du also die Gründe für das Verhalten verstehst, kannst Du auch angemessen reagieren und es in die gewünschte Richtung lenken; und zwar mit geeigneten Mitteln. Zuerst gilt es daher, das Vieraugengespräch zu suchen, um das Problem zu adressieren und dem Mitarbeiter die Chance zu geben, dieses zu erklären.
Nach dem Perspektivwechsel Deinerseits ist es aber auch richtig und wichtig, den betreffenden Mitarbeiter ebenfalls zu einem Umdenken zu animieren. Schildere dafür aus der „Ich-Perspektive“, wie Du das Problem wahrnimmst und welche Verhaltensänderungen Du Dir wünschst. Manchmal war Deinem Gegenüber das Fehlverhalten überhaupt nicht bewusst, in anderen Fällen folgen vielleicht erneute Diskussionen oder Rechtfertigungen. Viele Menschen neigen dazu, erst einmal in eine abwehrende, ja eine Verteidigungshaltung zu gehen. Es ist deshalb sinnvoll, nicht nach dem ersten Gespräch eine 180-Grad-Wende zu erwarten.
Stattdessen solltest Du ihm oder ihr etwas Zeit zum Nachdenken sowie für die gewünschten Veränderungen geben – und daraufhin ein erneutes Feedbackgespräch führen. Nach der ersten Abwehr folgt nämlich manchmal noch die Einsicht, beispielsweise nachdem der Mitarbeiter eine Nacht darüber geschlafen hat oder merkt, dass das neue Verhalten den Arbeitsalltag auch für ihn beziehungsweise sie selbst verbessert. Ziel sollte daher sein, eine „Wir-Ebene“ zu kreieren und einen gemeinsamen Fahrplan hin zum gewünschten Verhalten zu entwickeln. Welcher Führungsstil dafür am besten geeignet ist, gilt es im Einzelfall herauszufinden. Genau das ist schließlich Deine Aufgabe als Führungskraft.
Es ist demnach nicht immer notwendig, manchmal sogar unzweckmäßig, die „Machtkarte“ auszuspielen. Bei einigen Personen führt sie erst recht zu Widerstand. Zuerst solltest Du stattdessen versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden und mit anderen Stilmitteln zu arbeiten. Erweisen sich diese jedoch als nicht erfolgreich (genug) und der Mitarbeiter bleibt uneinsichtig, gilt es natürlich den richtigen Zeitpunkt zu finden, um die Grenzen aufzuzeigen. Dafür ist es wichtig, dass diese von Anfang an klar definiert und durchgesetzt werden, damit sie für Deine Mitarbeiter nicht willkürlich wirken. Jedem muss bewusst sein, welches Verhalten nicht toleriert wird und welche Konsequenzen drohen – ohne Ausnahmen, damit sich niemand ungerecht behandelt fühlt.
Das bedeutet, dass Abmahnungen & Co zwar die letzte, manchmal aber die einzige Lösung sind, um schwierige Mitarbeiter in die richtigen Bahnen zu lenken, bevor sie einen größeren Schaden für das Unternehmen oder ihre Kollegen anrichten, beispielsweise durch eine vergiftete Arbeitsatmosphäre. Uneinsichtige Angestellte sind somit eine echte Herausforderung. Aber sie sind eine Herausforderung, an der Du als Führungskraft wachsen kannst und daher solltest Du sie auch als Chance begreifen.
Veröffentlicht
25.07.2022