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Immer mehr, vor allem junge, Menschen versuchen, ihr privates Leben möglichst ökologisch korrekt zu gestalten. Dabei haben sie nicht im Kopf, dass sie auch "grün" arbeiten könnten. Eine neue Plattform für nachhaltige Jobs will das ändern. Und auch die grünen Unternehmen suchen Fachkräfte.
Für Thomas Schmitz war es die Geburt seiner Tochter, die ihn veranlasst hat, sich die Sinnfrage im Job zu stellen. Die Überlegung „Was mache ich hier eigentlich?“ brachte ihn schließlich dazu, sich nach der Arbeit in Designbüros für Möbel und Accessoires beim Bergsportausrüster Vaude zu bewerben, einem mehrfach ausgezeichneten nachhaltigen Unternehmen. Dort designt er nun Rucksäcke für Berg- und Bikesport. „Wichtig ist, dass die Materialien nachhaltig produziert sind, Entwürfe zeitlos sind und der Rucksack gut reparierbar ist, was die Nutzungsdauer erhöht und damit die Wegwerfquote minimiert“, sagt Schmitz. „Es macht einfach wahnsinnig Spaß, sein Können für so etwas Sinnvolles einzubringen.“ Neben der Vereinbarkeit von Beruf und Familie war der Fokus des Unternehmens auf Nachhaltigkeit ein wichtiger Punkt, der Schmitz überzeugt hat. Er ist der Meinung: „Man muss sich heute schon beide Augen und Ohren zuhalten, um an dem Thema vorbeizuarbeiten.“
Der Meinung ist auch Krischan Ostenrath. Er glaubt, dass in der jungen Generation ein großes Interesse für einen nachhaltigen Lebensstil vorhanden ist. Aber nicht bei allen läuft es wie bei Schmitz: „Die Übersetzung in die Frage: "Kann ich das auch beruflich machen?" funktioniert oft nicht“, sagt Ostenrath. Deshalb hat der Arbeitsmarktexperte des „Wissenschaftsladen Bonn“ zusammen mit dem Bundesverband UnternehmensGrün e.V. und der Zeitbild Stiftung das erste bundesweite Portal zur Berufsorientierung und Vernetzung im Bereich ökologisches Arbeiten ins Leben gerufen, das Netzwerk Grüne Arbeitswelt Es soll Jugendlichen nachhaltige Jobs aufzeigen. „Immer noch wollen viele KFZ-Mechaniker oder Friseurin werden und wer doch auf die Idee kommt, findet keine gebündelten Informationen“, erklärt Ostenrath. Neben Unterrichtseinheiten finden sich auf der Webseite nachhaltige Firmen, Beispielvideos von Menschen, die ihren Job in der grünen Wirtschaft erklären oder Informationsveranstaltungen. Krischan Ostenrath sagt: „Wir werden die gesteckten Klimaschutzziele sowieso schon schwer erreichen, aber wir werden sie auf keinen Fall erreichen, wenn wir keine gut ausgebildeten Leute in diesem Bereich haben.“
Dafür müsse man jungen Menschen vor allem die Berührungsängste nehmen und mit dem Vorurteil aufräumen, dass man für eine Bewerbung bereits bestehendes Engagement im grünen und nachhaltigen Bereich vorweisen muss: „Es geht dort in erster Linie um die Dinge, die man handwerklich kann. Die überwältigende Mehrheit hat gar keinen grünen Hintergrund, sondern will einfach einen Job mit Sinn“, sagt Ostenrath. „Man kann sich ja nicht bei Greenpeace bewerben und sagen, ich wollte schon immer Wale retten, sondern man sollte einen Bootsführerschein besitzen. Das gelernte Handwerk ist wichtiger als die grüne Seele. Schließlich sind das auch Unternehmen, die wirtschaftlich arbeiten müssen – und die Geschäfte laufen nicht gut, wenn man nur Überzeugungstäter hat.“
Diese Meinung vertritt auch der Projektpartner UnternehmensGrün e.V., der Bundesverband der grünen Wirtschaft mit 300 Mitgliedsunternehmen. „Grüne Jobs bekannter zu machen, ist für nachhaltige Unternehmen enorm wichtig, denn auch sie erleben einen Fachkräftemangel“, sagt Geschäftsführerin Katharina Reuter. Deshalb trägt der Verband das Projekt in die Wirtschaft, organisiert Vernetzungsworkshops und Exkursionen für Schulgruppen. „Viele in der klassischen Wirtschaft suchen einen Job mit Sinn: Aber es ist einfach nicht präsent, dass das zum Beispiel auch als Banker geht – und man sich bei der nachhaltigen Bank GLS bewerben könnte“, sagt Reuter.
Menschen nachhaltige Jobs näher zu bringen, ist auch die Mission von Annika Behrendt von „Talents4Good“: Die Personalvermittlung kümmert sich für nachhaltige Unternehmen vor allem um kaufmännische Stellen, Jobs in Management, Kommunikation, Controlling, Vertrieb oder Projektmanagement. Sie hat zwei zunehmende Trends ausgemacht: „Es gibt immer mehr Leute, die an einem bestimmten Punkt im Leben etwas sinnvolles machen wollen“, sagt Behrendt. Andererseits sei bei Unternehmen das Interesse an Wechslern aus der klassischen Wirtschaft gestiegen: „Auch NGOs brauchen fachliches Know-How und Leute, die nicht nur im sozialen Sektor unterwegs waren. Controlling kann ich ja nicht nur bei Daimler machen, sondern auch bei einem nachhaltigen Unternehmen. Das tickt im nachhaltigen Bereich genauso – doch die Leute sollten auch wissen, dass es auch dort letztlich um Zahlen geht und es auch mal Druck und Konflikte gibt.“ Auch Annika Behrendt nimmt die Sorge, dass man in der Bewerbung eine grüne Berufsbiographie vorweisen muss: „Die Unternehmen wollen jemanden, der sich mit ihnen identifiziert und sich für das Thema begeistern kann." Text: Maria Zeitler
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Veröffentlicht
18.01.2019