Führung konzeptionell. Figuren stehen nebeneinander. © Nora Carol Photography

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Klarheit im Arbeitsrecht – Die Spielregeln für Dich und Deinen Chef

Die Verbindung zwischen Teammitgliedern und ihren Vorgesetzten spielt eine entscheidende Rolle, kann jedoch manchmal herausfordernd sein. Die Erwartungen der Vorgesetzten an ihre Teams und die tatsächlichen rechtlichen Befugnisse können voneinander abweichen. Daher stellt sich die Frage: Welche Rechte hat eigentlich Deine Vorgesetzte oder Dein Vorgesetzter?


In der Welt des Arbeitsrechts ist es von großer Bedeutung, die Regeln zu verstehen. Arbeitgebende haben bestimmte Befugnisse, aber es existieren auch klare Grenzen, wenn es darum geht, das Team zu leiten. Wir zeigen Dir was Deine Vorgesetzte oder Dein Vorgesetzter darf – und was nicht. Tauche ein in die Welt des Arbeitsrechts und erfahre, wie Du Deine Rechte und Pflichten im Job verstehen kannst. 

Entspannt in den Urlaub

Egal, ob Du die Sonne am Strand genießt, aktiv in den Bergen unterwegs bist oder es Dir einfach zu Hause gemütlich machst – Dein Urlaub ist Deine Zeit zur Erholung, und das ist wichtig.

Die meisten Chefs respektieren das und lassen ihre Mitarbeitenden in dieser Zeit in Ruhe. Es gibt jedoch einige, die ständig anrufen, E-Mails schreiben und vielleicht verhindern, dass Du Dich richtig entspannen kannst. Ist das erlaubt? Grundsätzlich ja. Dein Chef darf Dich während des Urlaubs kontaktieren, aber er kann nicht erwarten, dass du darauf reagierst und Deine Arbeit von deinem Urlaubsort aus wieder aufnimmst. Wenn Du ihm dennoch diesen Gefallen tust, zählt das als Arbeitszeit und muss entsprechend vergütet werden.

Übrigens, Dein bereits genehmigter Urlaub darf nicht einfach gestrichen werden. Nur weil Deine Abteilung gerade unterbesetzt ist, bedeutet das nicht, dass Du zur Arbeit kommen musst. Ebenso bist Du nicht verpflichtet, deinem Chef Deine Urlaubsadresse mitzuteilen. Es sei denn, das Unternehmen steht vor dem existenziellen Aus, und deine Mitarbeit ist die einzige Lösung.

Respekt am Arbeitsplatz

In manchen Fällen fällt es Vorgesetzten schwer, trotz ihrer Professionalität, ihre Launen und Gefühle im Griff zu behalten. Beleidigungen oder das Bloßstellen vor Kollegen sind hier leider keine Seltenheit und können es schwierig machen, motiviert zur Arbeit zu gehen. Allerdings sind Beleidigungen ein Straftatbestand und können zur Anzeige gebracht werden. Weder Dein Chef noch irgendjemand anderes hat das Recht, Dich zu beleidigen, und Du hast immer die Möglichkeit, Dich dagegen zu wehren.

Auch das Anschreien und Bloßstellen vor den Kollegen ist nicht erlaubt. Dein Chef hat eine Fürsorgepflicht Dir und anderen Mitarbeitenden gegenüber. Wenn er diese Pflicht vernachlässigt, muss er mit Konsequenzen, wie zum Beispiel durch den Betriebsrat, rechnen. Denke daran: Wenn es um Beleidigungen geht, die in Richtung Mobbing gehen, führe ein Mobbing-Tagebuch. Dort dokumentierst Du genau die Schikanen, die Dir gegenüber ausgeteilt wurden, und erfüllst somit deine Beweispflicht. Respekt am Arbeitsplatz ist essentiell, und Du hast das Recht, in einer respektvollen Umgebung zu arbeiten.

Schutz deiner Privatsphäre

Deine Privatsphäre am Arbeitsplatz ist wichtig, und es gibt klare Regeln, die Deine Rechte schützen. Es spielt keine Rolle, in welchem Arbeitsbereich Du tätig bist, es sei denn, Du bewegst Dich bereits in einem Umfeld, in dem Videoüberwachung zum Alltag gehört, wie etwa im Einzelhandel oder an Tankstellen. Ohne konkreten Grund darf Dein Chef nicht einfach so eine Videokamera zur Überwachung installieren. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn es beispielsweise zu wiederholten Diebstählen kommt und die versteckte Kamera der Aufklärung dieser Straftaten dient. In solchen Fällen ist die Überwachung gesetzlich ausdrücklich erlaubt. Sobald jedoch die Diebstähle geklärt sind, muss die Kamera umgehend entfernt werden.

Datenschutz im Blick

Die Inhalte deiner Emails, die über Deinen privaten Account verfasst werden, gehen Deinen Chef nichts an. Dienstliche Zugänge, insbesondere über dienstliche Mobilgeräte und Computer auf der Arbeit, sind jedoch nicht zwangsläufig vor Einsicht geschützt. Auch wenn Dein Chef nicht jede einzelne Email lesen darf, kann er dennoch Kontrollprogramme einsetzen, die nach bestimmten Schlüsselwörtern suchen und ihn informieren. Dies liegt daran, dass dienstliche Geräte als betriebliche Mittel gelten, die von Deinem Chef bereitgestellt werden.

Das Ausmaß der Kontrollen hängt davon ab, ob im Voraus die private Nutzung ausdrücklich verboten oder erlaubt wurde, oder ob es über einen längeren Zeitraum wortlos akzeptiert wurde. 

Kündigung und Krankheit im Arbeitsverhältnis

Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass Krankheit vor Kündigung schützt. Auch wenn es für Dich ein beängstigendes Szenario darstellt – Dein Chef darf Dir unter bestimmten Voraussetzungen kündigen und diese Kündigung sogar an dein Krankenbett senden. Dabei spielen folgende Punkte eine Rolle:

  • Die Aussichten bezüglich der Entwicklung Deines Gesundheitszustandes sind eher auf eine negative einzuschätzen.
  • Deine Abwesenheitszeiten wirken sich nachteilig auf den Erfolg des Unternehmens im Kontext wirtschaftlicher und betrieblicher Belange aus.
  • Die Prioritäten Deines Chefs haben ein höheres Gewicht als Deine eigenen.

Die Voraussetzungen für eine Kündigung im Zusammenhang mit Krankheit sind streng und Dein Chef muss nicht nur den Nachweis erbringen, sondern auch sicherstellen, dass Du im Rahmen deiner Möglichkeiten einen geeigneten Platz im Unternehmen findest oder dass Dein Arbeitsverhältnis entsprechend deinen Bedürfnissen angepasst wird.

Persönliche Informationsbeschaffung

Die Nutzung schneller Internetrecherchen über potenzielle Bewerbende und bestehende Mitarbeitende ist ein gängiges Mittel vieler Vorgesetzter. Grundsätzlich ist dies auch erlaubt. Informationen, die öffentlich zugänglich sind, darf Dein Chef ebenfalls einbeziehen. Nicht gestattet ist jedoch, wenn er illegale Methoden anwendet und versucht, Informationen zu erhalten, die Du nicht öffentlich teilen möchtest.

Privatsphäre und Zukunftspläne am Arbeitsplatz

In Bewerbungsgesprächen neigen Vorgesetzte dazu, spezifische Fragen zu stellen, etwa "Engagieren Sie sich politisch?" oder bei Frauen: "Haben Sie vor, in den nächsten Jahren eine Familie zu gründen?" Diese Fragen sind keinesfalls verpflichtend zu beantworten, da sie keinen Bezug zu Deiner beruflichen Kompetenz haben. Elemente wie Alter, Familienstand, Glaubensrichtung und Staatsangehörigkeit, die in Deine persönliche Sphäre eingreifen, gehen Deinen Chef weder beim Bewerbungsprozess etwas an, noch während Deiner langfristigen Anstellung im Unternehmen.

Überstunden fordern

Sofern es vertraglich in Deinem Arbeitsvertrag festgesetzt ist, dass Du auch Überstunden machen musst, ist es Deinem Chef erlaubt, Dir diese aufzubrummen. Steht davon nichts im Vertrag, bist Du nicht verpflichtet und kannst Dir die zusätzliche Arbeit vergüten lassen.

Wochenendarbeit

Im Allgemeinen gestattet eine 6-Tage-Woche die Arbeit am Samstag. Bestimmte Berufe erfordern jedoch möglicherweise auch Einsätze an Sonn- und Feiertagen oder allgemein am Wochenende. Deine Arbeitstage sind stets von den Festlegungen in deinem unterschriebenen Arbeitsvertrag abhängig. Falls Du in einer 6-Tage-Woche an einem Sonn- oder Feiertag arbeitest, steht Dir ein zusätzlicher Erholungstag zu. Bei einer 5-Tage-Woche sind es sogar zwei.

Arbeitspausen

Gesetzlich sind Ruhephasen vorgesehen, die Du im Verlauf deines Arbeitstags beachten sollst. Niemand kann Dir das Recht nehmen, Deine Pausen zu nehmen. Zusätzlich entscheidest nur Du, an welchem Ort Du Dich während Deiner Ruhezeit aufhalten möchtest – sei es in einem bereitgestellten Raum oder an einem anderen Ort Deiner Wahl. Dein Arbeitgeber sollte Dir die nötige Freiheit gewähren, um Deine Pausen in vollen Zügen zu genießen.

Es ist wichtig zu betonen, dass sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgebende bestimmte Rechte und Pflichten haben, die eingehalten werden müssen. Selbst wenn Dein Chef aufgrund seiner Position meint, er habe das Sagen, gibt es dennoch klare Grenzen dafür, was er von Dir verlangen kann. Bei Unsicherheiten ist es ratsam, juristischen Rat einzuholen.

Veröffentlicht
10.02.2024

Author:in
Maria Mordi