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Die Spezialisierung hat sich gelohnt: Schon während ihres Jura-Studiums beschäftigte sich Saskia Porta mit den Gesetzen in mediterranen Ländern. Heute lebt und arbeitet die Deutsche als Rechtsanwältin auf Mallorca.
Der Plaza Major ist einer der interessanten Plätze in der Hauptstadt Mallorcas. Mitten in der Altstadt von Palma, rundherum viele Cafés und Restaurants, befindet sich das Büro von Saskia Porta. Wenn sie aus dem Fenster schaut, sieht die Anwältin, die seit 2013 auf der Baleareninsel lebt, die schönen Fassaden der Patrizierhäuser und die typischen Farben der mallorquinischen Bauweise. „Mallorca ist wie eine kleine Version von Europa, es leben sehr interessante Leute hier“, sagt Saskia Porta.
Manch junger Mensch will erst einmal eine Weltreise zu machen, in Amerika studieren oder Schafe in Neuseeland züchten. Saskia Porta hat „immer schon“ gesagt: „Ich will in Münster studieren.“ Eine Ausbildung in einer lebendigen Studentenstadt. „Ich hatte immer ein ganz bestimmtes Bild vor Augen vom Studentenleben und all den damit verbundenen Möglichkeiten.“ Die gebürtige Norddeutsche aus Uelsen, einer beschaulichen Gemeinde im Landkreis Bentheim in Niedersachsen, hat sich diesen großen Wunsch aus ihrer Jugendzeit nach dem Abitur erfüllt. Wenn auch erst einmal mit einer falschen Fächerwahl. Die spätere Juristin Porta startete als Lehramtsstudentin mit den Fächern Französisch, Spanisch und Englisch. „Ich hatte mich immer schon auch für Jura interessiert, dachte allerdings, dass mir Sprachen wichtiger sind.“ Dass sie sich nach nur einem Semester für einen Studiengangwechsel entschied, lag schließlich weniger an den Sprachen als an der Sprachwissenschaft. „Ich fand enttäuschend, dass die Sprachen im Studium kaum gesprochen oder perfektioniert wurden. Es gab viel Unterricht über Theorien, Sprachbegriffe oder den ‚Gegenstand der Linguistik’ etc. auf deutsch. Kurz: Es war nichts für mich.“
Jura dagegen schon. Wer sich Jura als trockenes Fach vorstelle, liege falsch, findet Saskia Porta. Jura sei weit mehr als stumpfes Gesetzestexte pauken. „Man hat schon während der Studiums sehr viel mit Fällen zu tun“, sagt Porta. „Jeder Fall ist anders. Es gibt immer kleine oder auch große Rätsel, mit denen man sich beschäftigt. Diese Fallaufgaben, die wir von Anfang an lösen mussten, haben mir immer Spaß gemacht.“ Schnell spezialisierte sie sich auf Internationales Recht – und absolvierte neben dem Studium zwei fachspezifische Fremdsprachenausbildungen im spanischen und im französischen Recht. Zudem lernte sie ihren zukünftigen Mann Dominic in Münster kennen, der ihr Interesse an Auslandserfahrungen teilte – und die nächsten Berufsetappen mitmachte. 2009 nach dem Ersten Staatsexamen, ging Saskia Porta nach Barcelona. In der Hauptstadt der spanischen Region Katalonien beendete sie das Studium des Masters im Spanischen Recht (LL.M.) an der Universität Pompeu Fabra. Ihr anschließendes Referendariat führte sie unter anderem nach Mexiko. Die Erlebnisse dort, so seltsam sie für eine Deutsche teils waren, möchte Porta nicht missen, sie erzählt gern darüber: Die Mexikaner sind nach ihrer Erfahrung extrem gastfreundlich und hilfsbereit. Außerdem hat ihr "einzigartiges Land alles zu bieten: traumhafte Landschaften, Kultur und beeindruckende Bauwerke“. Allerdings muss man auch viel Geduld mitbringen. „Eine Verabredung um eine bestimmte Zeit ist mehr als ein dehnbarer Begriff.“ „Die Gerichte dort sind teilweise so aufgebaut wie in Europa die Postfilialen. Die Parteien mit ihren Anwälten quetschen sich an einer Art Schalter – und der Richter läuft hin und her. Er bekommt die Unterlagen aufgearbeitet auf den Schreibtisch und entscheidet nach Aktenlage. In allen Gerichten hängen Schilder, die darauf hinweisen, dass Korruption und die Zahlung von „Trinkgeldern“ an Beamte verboten ist.
Nach Mexiko ging es im Referendariat wieder nach Spanien und Deutschland zurück:. „Das war eine tolle Zeit, in der ich Erfahrungen in verschiedenen Rechtsbereichen wie beispielsweise der internationalen Unternehmensgründung sammeln konnte.“ Und in dieser Zeit fiel auch die Entscheidung, "nach Spanien zurückzukehren“. Auch wenn die Bürokratie in Spanien anstrengend ist – „noch extremer als in Deutschland“: Saskia Porta mag die Sprache, die Menschen, die Sonne. Nach dem Zweiten Staatsexamen am Oberlandesgericht Düsseldorf im Jahr 2012 und der Befähigung zum Richteramt bekam Porta ihren ersten festen Job in Palma de Mallorca, bei einer multinationalen Firma mit Sitzen auf verschiedenen Kontinenten und einer mehrsprachigen Kanzlei mit verschiedenen Büros auf Mallorca, von denen sie das Büro in Palma leitete. Das Arbeiten in Spanien unterscheidet sich laut Porta in ihrer Branche nicht allzu sehr von der in Deutschland. „Das Klischee, die Mittagssiesta gehe hier von 14 bis 17 Uhr, bewahrheitet sich nicht mehr so oft. Seit es Klimaanlagen gibt, sind die typischen Bürozeiten auch von 9 bis 14 Uhr und von 15 bis 18 Uhr. Aber die zwei- bis dreistündige Siesta wird natürlich noch von manch einem, vor allem unter den physisch arbeitenden Spaniern, genommen.“ Ein Vorurteil allerdings kann sie tatsächlich bestätigen: „Wenn man einen Handwerker anruft, und er sagt, er sei am nächsten Tag um 8 Uhr früh da – darauf sollte man sich nicht verlassen, sondern man ruft noch zwei- bis dreimal an, bevor das klappt.“ Man fühle sich weniger gebunden an zeitliche Angaben in Südeuropa. „Die Arbeitseinstellung ist hier: Ich will einigermaßen gut leben, muss nicht reich werden und will keinen Stress haben.“ Auch deshalb ist ein Job auf Mallorca natürlich auch ein Traum für viele Deutsche. (*Infos siehe unten)
Saskia Porta ist mittlerweile Partnerin bei „FR&P Forteza-Rey Roca & Porta“, einer kürzlich fusionierten Kanzlei, die sie unter anderem mit ihrem Mann Dominic Porta teilt: "Wir kooperieren seit Jahren mit anderen Kanzleien und haben uns überlegt: Wir arbeiten sowieso zusammen, warum also nicht alle unter einem Dach.“ Das sind die Kollegen, mit denen sie sehr gern zusammenarbeitet. Ansonsten findet es Porta ein wenig schade, dass in Palma oft eher das Konkurrenzgefühl dominiert. „Ich finde, man sollte sich mehr austauschen.“ Genau dieser Austausch gelingt mit den anderen Expats von InterNations**, der Community, die sich speziell an im Ausland berufstätige Menschen richtet. Dominic und sie sind beide „Ambassadoren“ und organisieren die monatlichen Hauptevents: „Get-together“ in lockerer Atmosphäre in unterschiedlichen Bars. „Wir trinken Cocktails und sprechen verschiedene Sprachen. Das genieße ich.“ Eine Rückkehr nach Deutschland ist erst einmal ausgeschlossen. „Das großartige Klima der Insel und das ‚Internationale’ würden mir dann doch fehlen.“ Aufgezeichnet von Silja Schriever
*Service-Info: Ganz einfach ist es für Deutsche nicht, einen Job auf Mallorca zu finden. In der Regel gibt es mehr Arbeitssuchende als verfügbare Stellen. Zahlreiche Internet-Jobbörsen wie beispielsweise beim Inselradio (https://www.inselradio.com/jobboerse) helfen. Neben dem großen Bedarf in der Touristik ist eine Beauty- und Gesundheitsindustrie gewachsen, die viele Arbeitsplätze bietet: Ausgebildete Physiotherapeuten und Masseure mit Berufserfahrung und Sprachkenntnissen haben zum Beispiel gute Erfolgschancen. Ebenso Yoga-Lehrer, Kosmetiker, Animateure, Wellness- oder Spa-Manager. Auch für Handwerker mit Sprachkenntnissen eröffnen sich auf Mallorca Jobchancen. Besonders wer in Deutschland Mechatroniker für Kältetechnik oder Heizungsbauer gelernt hat, könnte sein Berufsglück auf der Insel versuchen. **Über InterNations Mit fast 3 Millionen Mitgliedern in 390 Städten weltweit ist das Münchner Unternehmen InterNations (https://www.internations.org/) das weltweit größte soziale Netzwerk und Informationsportal für alle, die im Ausland leben und arbeiten. Neben zahlreichen Informationsmaterialien und digitalen Vernetzungsmöglichkeiten bietet InterNations seinen Mitgliedern auch die Gelegenheit zum persönlichen Austausch: Im Rahmen von rund 6.000 monatlichen Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten auf der ganzen Welt können die Mitglieder andere Expats und weltoffene Locals kennenlernen. Auf der Webseite informieren Foren, Country Guides von Experten und regelmäßige Beiträge von Gastautoren über das Leben im Ausland. Zur Qualitätssicherung wird jede neue Registrierung bei InterNations individuell geprüft.
Veröffentlicht
07.03.2018