Gefühle bei der Bewerbung sind nicht immer positiv

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So bekommen Sie Ihre Gefühle bei der Bewerbung in den Griff

Zwischen Angst, Ohnmacht und Hoffnung: Eine Jobsuche lässt niemanden kalt. Psychologen erklären, wie Sie Ihre Gefühle bei der Bewerbung positiv steuern können.


Bricht Ihnen bei dem Gedanken an die bevorstehende Bewerbung der kalte Schweiß aus? Beim Vorstellungsgespräch fühlen Sie sich wie in der Matheklausur? Keine Angst, damit sind Sie nicht allein. Eine aktuelle Studie belegt, dass die große Mehrheit aller Jobsucher starke Gefühle bei der Bewerbung durchlebt. Doch wenn man es richtig anstellt, können diese einem sogar helfen, besser mit der Situation umzugehen. Die Studie des E-Recruiting-Anbieters softgarden mit rund 3500 Teilnehmern ergab: 84 Prozent verbinden mit dem Bewerbungsprozess heftige Emotionen. Und die sind leider oftmals negativ: So verneinen mehr als 42 Prozent die Frage, ob das Bewerber-Dasein gute Laune macht. Fast 90 Prozent meinen, sie können sich keine Fehler erlauben. Rund der Hälfte aller Befragten kosten Bewerbungen viel Kraft, über ein Viertel aller Teilnehmer fühlt sich gestresst.

"Eine Bewerbung ist wie ein erstes Date"

Besonders belastend scheint das Ohnmachtsgefühl als Bewerber zu sein: Fast drei Viertel fühlen sich dem Urteil anderer ausgeliefert, bei mehr als 80 Prozent herrscht das Gefühl vor, dass die Unternehmen am längeren Hebel sitzen. Doch die Studie fragte nicht nur die Zustimmung zu bestimmten Aussagen ab. Die Forscher wollten von den Teilnehmern auch wissen, mit welcher Lebenssituation sie die Bewerbung am ehesten vergleichen würden. Mit Abstand am häufigsten wurden dabei Analogien aus Ehe und Partnerschaft gewählt: Die Bewerbung sei „wie ein erstes Date“ oder die „Partnersuche“. Ein Teilnehmer sagte: „Blind Dates: Man muss sich irgendwie hektisch kennenlernen und es hängt immer gleich das große Drama drüber, als müsse man nach einer Woche guten Gewissens heiraten können.“ Solche Beschreibungen wundern den Psychologen Sebastian Buggert nicht: „Das erste Date ist ein guter Vergleich, denn man lässt sich ja auf eine Arbeitsbeziehung ein. Oft wird dabei auch ein anderer Partner verlassen, wenn Leute sich aus bestehenden Positionen heraus bewerben.“ Auch Gefühle wie ein schlechtes Gewissen oder Verrat seien deshalb verständlich. „In beiden Fällen kann auch etwas vorgefallen sein – oder man glaubt, etwas Besseres zu verdienen.“

"Was kann im schlimmsten Fall passieren?"

Buggert rät jedoch gar nicht dazu, diese Gedanken oder Analogien zu verdrängen, sondern sie für sich positiv einzusetzen: „Man sagt sich: In der Beziehung bin ja auch ich ein wichtiger Partner. Es ist auch wichtig, dass mir der andere gefällt und er muss auch um mich werben.“ Deutlich sichtbar werde dies, indem auch Personaler adäquat angezogen in das Gespräch kommen, sich bei Einladungstext, Raumausstattung und Getränkeauswahl Mühe geben. Wer sich darauf konzentriere, kann als Partner auf Augenhöhe selbstbewusster auftreten. Viele Teilnehmer der Studie wissen das auch, zumindest theoretisch: Fast zwei Drittel meinten, dass sich das Unternehmen auch bei Ihnen bewerben muss. Weitere Teilnehmer der Studie verglichen die Situatiuon mit einem großen Umbruch, Wandel oder einem Umzug. Aus psychologischer Sicht sind auch diese Gefühle bei der Bewerbung verständlich: „Ich verlasse meine vertraute Umgebung, verbringe annähernd so viel Zeit an der neuen Arbeitsstelle wie in einer Wohnung. Die neuen Kollegen sehe ich so oft wie meine Familie“, sagt Buggert. In der Studie fühlte sich ein Teilnehmer wie beim Mieten einer neuen Wohnung – nur in vertauschten Rollen: „Während das Unternehmen der Interessent ist und ich bewertet werde nach Bodenbelag, Lage und ob ich ausreichend renoviert bin.“ Dahinter steckt auch die tiefe Angst, im eigenen Selbstbild nicht bestätigt zu werden: „Psychologisch könnte man zugespitzt formulieren: Es drohen Kastrationserlebnisse. Das heißt, man erfährt auf schmerzliche Art und Weise seine eigenen Grenzen“, sagt Sebastian Buggert. Aus diesem Ohnmachtserlebnis wieder herauszufinden, lohnt sich aber, denn selbst der große Wandel, Umbruch oder Umzug birgt auch immer eine Chance. „Und man sollte sich auch denken: Was kann im schlimmsten Fall passieren? Wenn ich in meiner neuen Wohnung nicht schlafen kann, muss ich wohl oder übel erneut umziehen. So ist das auch im Job. Wenn es nicht passt, besteht auch hier die Möglichkeit, sich erneut umzuorientieren.“ Diese Sicht auf die Dinge nimmt die Nervosität, so dass der Auftritt im Gespräch sicherer wird.

"Gefühle bei der Bewerbung? Wie beim Zahnarzt!"

Den Vergleich mit einem Zahnarztbesuch findet Buggert interessant: „Er spiegelt die Sorgen. Ängste und erlebte Ohnmacht wider, die man auch beim Bewerbungsgespräch empfindet. Man ist auf andere angewiesen, ihnen ausgeliefert und hat Angst, zu scheitern.“ Hier sollte man vor allem entdramatisieren, rät Buggert: „Zum Bewerbungsgespräch geht man ja nicht hin, um sich verarzten zu lassen. Man hat ja auch etwas anzubieten und will selbst herausfinden, ob es eine passende Perspektive ist.“ Ähnlich sollte man sich verhalten, wenn man sich bei der Kandidatenauswahl wie beim Glücksspiel fühlt: Ein Teilnehmer der Studie beschrieb sich sogar als „ein Lotterieschein: Man wird gezogen oder zerrissen.“ Zwar spielt auch hier der Ohnmachtsgedanke hinein, Psychologe Buggert identifiziert aber noch einen weiteren Aspekt: „Das hat auch etwas von: Alles ist schon abgekartet – ich bin vom Geschmack des anderen abhängig.“ Das diene dann dazu, ein Scheitern oder eine Kränkung im Vorhinein zu relativieren. Dieses könne man sich aber auch zunutze machen, wenn man es richtig anstellt: „Es hilft, sich zu sagen, dass man es nur bis zu einem gewissen Punkt selbst in der Hand hat. Das darf aber nicht dazu führen, dass man die Bewerbung nachlässig betreibt. Der Anspruch muss schon eher der eines ersten Dates sein“, sagt Buggert. Dieser Gedanke passe auch, wenn der Idealfall eintrete: „Das Beste ist ja, wenn der neue Job zu mir kommt und ich entdeckt werde.“ In dem Dating-Bild heiße das: „Ich muss sozusagen nicht lange im Club herumstehen, flirten und mir ‚Körbe‘ einholen. Ich werde umworben und an den gedeckten Tisch eingeladen“, so Buggert. Text: Maria Zeitler


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Veröffentlicht
21.02.2017