Cultural Fit Bewerber

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Bin ich hier richtig? So wichtig ist der "Cultural Fit"

Qualifikation ist alles, Persönlichkeit bloß Nebensache? Von wegen. Der „Cultural Fit“, die kulturelle Passgenauigkeit zwischen Bewerber und Unternehmen, wird immer wichtiger.


Der Lebenslauf strotzt nur so vor Erfahrung, alle fachlichen Anforderungen an den neuen Job sind erfüllt – dennoch entscheidet der Personaler sich für einen anderen Bewerber. Vielleicht lag es am fehlenden „Cultural Fit“? Gut möglich, denn immer mehr Unternehmen lassen neben harten Fakten und Qualifikationen die persönlichen Werte und Zielvorstellungen der Jobkandidaten mit in den Auswahlprozess einfließen.

Sie müssen nicht „Mister Perfect“ sein

Die Suche nach passenden Kandidaten geht kaum noch am "Cultural Fit" vorbei. Studien zeigen, dass Arbeitgeber immer größeren Wert darauf legen, wie gut die Persönlichkeitseigenschaften der Mitarbeiter zum Unternehmen passen. Gesucht wird nicht etwa „Mister Perfect“. Aber „ein Grundmaß an Übereinstimmung ist unbedingt sinnvoll“, betont Christoph Athanas, Geschäftsführer der meta HR Unternehmensberatung aus Berlin. Die klassische Methode um den "Cultural Fit" einzuschätzen, ist für Recruiter noch immer das Jobinterview. „Hier kann die kulturelle Passung sehr konkret hinterfragt werden“, weiß Athanas. Zwei seiner Lieblingsfragen lauten: Bitte beschreiben Sie ein Arbeitsumfeld in dem Sie maximal produktiv und zufrieden sein können: Wie ist es dort und was ist dort wichtig? Und: Wie definieren Sie für sich beruflichen Erfolg? „Beide Fragen liefern meist gute Informationen. Interviewer sollten aber durchaus situativ nachfragen“, rät der Experte. Um den "Cultural Fit" möglichst professionell messen zu können, bildet meta HR seit Kurzem gemeinsam mit der Deutschen Employer Branding Akademie sogenannte „Cultural Fit Consultants“ aus. Bei der Kandidatensichtung unterstützt ein webbasierter "Cultural Fit Evaluator" den Recruitingprozess. Der Clou: Das Tool vergleicht objektiv anhand eines Fragekatalogs die Werte und arbeitskulturellen Präferenzen eines Unternehmens mit denen der Bewerber. Zum Beispiel: Passt der Führungsstil zu den persönlichen Vorstellungen? Wie sieht es mit den Arbeitsweisen im Unternehmen aus? Und dem Umgang miteinander? Am Ende gibt ein prozentualer „Matching-Score“ anhand der Schnittmengen Aufschluss über die Passgenauigkeit.

Für den "Cultural Fit" sind gemeinsame Werte wichtig

Weshalb aber ist diese Passgenauigkeit so unabdingbar? Athanas erklärt es so: Angenommen einem Bewerber sei der Wert „Gemeinschaft" sehr wichtig, in der Unternehmenskultur spielt dieser Wert aber kaum eine Rolle, „dann entsteht über kurz oder lang ein Konflikt". Auch persönliches Verhalten sei entscheidend, damit die Chemie stimmt. Nehmen wir zum Beispiel Feedbackgespräche: Wer als eher direkte Person eine Position antritt, wo Feedback lieber sanft und abgeschwächt ausgesprochen wird, könnte es schwer haben. Damit auch Bewerber leichter herausfinden können, ob Ihnen ein Unternehmen zusagt, bieten immer mehr Unternehmen die Möglichkeit, ein unverbindliches und anonymes Cultural-Fit-Matching auf ihrer Karrierewebsite durchzuführen. Der Personaldienstleister Randstad Deutschland zum Beispiel bietet internen Bewerbern seit vergangenem Jahr das digitale Matching-System Company Match aus den Niederlanden an. Es testet, "ob wir persönlich zu Ihnen passen und Sie zu uns", lautet die Beschreibung. Wer sich "matchen" möchte, füllt einen digitalen Fragebogen aus und erfährt in wenigen Minuten, wie hoch die Übereinstimmung der eigenen Wertvorstellungen mit den Unternehmenswerten ist. „Company Match ist allerdings kein Auswahltool. Vielmehr soll es Bewerbern einen Anreiz bieten, sich näher mit unserem Unternehmen zu befassen", erklärt Britta Nollmann, HR-Expertin bei Randstad. Umso höher der Matchingwert, desto wahrscheinlicher, dass Bewerber und Unternehmen kulturell kompatibel sind. "Wer sich bei uns zum Beispiel auf eine Position im Vertrieb bewirbt, braucht vor allem eins: Spaß am Umgang mit Menschen", betont Nollmann. Und keine Sorge: Bewerber, die im Cultural-Fit-Test keine überdurchschnittlich hohe Prozentzahl erreichen, können durchaus auch später noch im Jobinterview punkten. Nollmann: "Wir sind sehr ehrlich und sagen offen, was wir von unseren Bewerbern im Job erwarten. Im Jobinterview haben wir dann persönlich die Chance, die Erwartungen gegenseitig zu klären."

Recherchieren Sie im Internet und bei Bekannten

Jobsuchende sollten bei der Bewerbung stets bedenken, was ihnen in persönlicher Hinsicht an einem Arbeitgeber wichtig ist. „Und zwar jenseits von Arbeitsaufgaben und Gehalt“, rät Christoph Athanas. „Wenn darüber Klarheit herrscht, kann man potenzielle Arbeitgeber untersuchen.“ Neben modernen Matching-Systemen lohnt sich ein Blick in die Social-Media-Kanäle des Unternehmens. Oder auf die „Über uns“-Seite der Firmenhomepage. Wie werden Bewerber angesprochen? Welche Einblicke liefern Bilder oder Videos? Und auch persönliche Kontakte mit Menschen aus dem Unternehmen könnten hilfreich sein, lautet der Tipp von Athanas. Wer ein wenig Zeit in Recherche investiert, gewinnt am Ende vielleicht nicht nur einen neuen Job – sondern hat auch mehr Spaß und ist motivierter als in einem Job, der der Persönlichkeit widerspricht. „Schließlich fühlt sich jemand in einem passenden Arbeitsumfeld in der Regel geistig-seelisch wohl.“ Und das tue auch der Gesundheit gut. Text: Sonja Schmidt
Service-Info: Für die berufliche Orientierung oder die Vorbereitung auf eine Bewerbung können Sie mit unseren kostenlosen Online-Tests selbst überprüfen, wo Ihre Stärken und Schwächen liegen oder welcher Persönlichkeitstyp Sie sind. Vom Logiktest bis zur speziellen Berufswahlprüfung stehen Ihnen vielfältige Tests zur Verfügung. Zu den Tests

Veröffentlicht
10.03.2017