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Ist die Elternzeit für Mütter ein Hindernis bei der Jobsuche, auch, wenn sie nur kurz genommen wird? Eine aktuelle Studie brachte erstaunliche Ergebnisse zutage.
Sie haben es schwerer, einen Job zu bekommen und nehmen oft Stellen an, für die sie überqualifiziert sind – daraus folgen ein geringeres Gehalt und schlechtere Karrierechancen: Mütter sind auf dem Arbeitsmarkt gegenüber kinderlosen Frauen und Männern oft benachteiligt. Für viele heißt das: Nach dem Kind möglichst schnell wieder einsteigen, um nicht zu lange „raus“ zu sein. Doch ist das das Allheilmittel gegen den Karriereknick? Über diese Fragen hat sich Lena Hipp Gedanken gemacht: Sie ist Professorin für Sozialstrukturanalyse an der Universität Potsdam und Leiterin der Forschungsgruppe „Arbeit und Fürsorge“. Die Wissenschaftlerin hat selbst drei Kinder – und in einer Studie Überraschendes herausgefunden: Frauen, die nur kurz Elternzeit genommen haben, wurden sogar seltener zum Bewerbungsgespräch eingeladen als die, die wegen ihrer Kinder länger zuhause blieben.
Lena Hipp: Es gibt viele Untersuchungen darüber, dass sich Kinder negativ auf die Arbeitsmarktchancen von Frauen auswirken, aber nicht auf die von Männern. Vor diesem Hintergrund habe ich mich gefragt: Erfahren Mütter keine oder weniger Nachteile, wenn sie sich wie viele Väter verhalten und nur zwei Monate Elternzeit nehmen? Andererseits hat mich aber auch interessiert, ob Männer wegen der Elternzeit tatsächlich auf das berufliche Abstellgleis geschoben werden – wie es viele behaupten.
Hipp: Wir haben Lebensläufe von jeweils zwei Müttern und zwei Vätern erstellt, die in allen wesentlichen Merkmalen vergleichbar waren. Sie unterschieden sich einzig und allein darin, dass sie einmal nur zwei und einmal zwölf Monate Elternzeit für das mittlerweile dreijährige Kind genommen hatten. Diese Unterlagen haben wir auf insgesamt 718 offene Stellenangebote im Bereich Marketing/Veranstaltungsmanagement verschickt. Dann mussten wir eigentlich nur noch abwarten, was passiert.
Hipp: Es gab zwei überraschende Ergebnisse: Die Väter wurden gleich oft eingeladen, egal ob sie zwölf oder zwei Monate Elternzeit genommen hatten. Das heißt, die Angst von Vätern, aufgrund einer längeren Elternzeit berufliche Nachteile zu erfahren, scheint unbegründet zu sein. Und noch überraschender: Mütter, die zwölf Monate Elternzeit genommen hatten, wurden öfter zum Vorstellungsgespräch eingeladen als die Frauen, die nur zwei Monate zuhause geblieben sind.
Hipp: Das haben wir uns auch gefragt. Um die Ergebnisse zu verstehen, haben wir eine Laborstudie durchgeführt: Die kam zum gleichen Ergebnis – und legte auch die Gründe hierfür offen. Es stellte sich heraus, dass die Mütter mit kurzer Elternzeit den Stempel „Rabenmutter“ aufgedrückt bekommen. Sie wurden als weniger sympathisch, warmherzig und herzlich bewertet und als ehrgeiziger, unkollegialer und egoistischer als Mütter mit langer Elternzeit. In der Forschung nennt man das normative Diskriminierung: Es scheint immer noch das Rollenbild vorzuherrschen, dass die Mutter möglichst lange beim Kind bleiben muss. Und das scheinen Frauen zu verletzen, die keine Elternzeit über den Mutterschutz hinaus genommen haben. Dafür wurden sie „bestraft“.
Hipp: Das sollte man daraus nicht folgern. Die traurige Erkenntnis ist eher: Frauen können es nur falsch machen. Bei längerer Elternzeit fehlt ihnen Berufserfahrung, eine kürzere wird ihnen aber auch negativ ausgelegt. Das heißt im Umkehrschluss aber auch: Frauen können es ruhig so machen, wie sie es für richtig halten. Eigentlich haben private Informationen im Lebenslauf auch nichts verloren: Ehestatus, Kinder, Konfession, Elternzeit – sollte eigentlich nichts zur Sache tun. Wenn jemand seit sechs Jahren eine Stelle hat und in der Zeit zwei Elternzeiten hatte, müssen die im Lebenslauf ja nicht auftauchen.
Hipp: Wenn man aus einem Arbeitsverhältnis in die Elternzeit gestartet ist, kann man ja einfach angeben: Seit X bei Y beschäftigt, denn das ist man ja formell noch. Wenn die Anstellung schon davor endete, sollte man sich jedoch überlegen, die Elternzeit zu erwähnen: Denn unerklärte Lücken sind nicht gut: Da geht das Kopfkino los und Personaler könnten bei Lücken auch an Krankheit oder Knast denken. Das Interview führte Maria Zeitler
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Veröffentlicht
30.10.2018