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Jedes Arbeitszeugnis klingt gut – auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick können sich darin aber negative Bewertungen verstecken. So erkennst Du als Laie, wie gut Dein Zeugnis wirklich ist.
Der Teufel steckt im Detail, lautet ein bekanntes Sprichwort. Dieses trifft selten so zu wie beim Thema Arbeitszeugnis. Denn kein Arbeitgeber würde offenkundig ein schlechtes Zeugnis verfassen. Stattdessen werden vorgefertigte Floskeln verwendet, die in Deinen Ohren gut klingen. Sie enthalten aber einen Code, welcher dem Personaler, der das Arbeitszeugnis liest, mehr verrät als Du vielleicht denken würdest. So kann sich hinter wohlklingenden Phrasen ein schlechtes Zeugnis verstecken, das Dir zukünftige Job- und Karrierechancen zunichte macht. Genau deshalb ist es wichtig, jedes Arbeitszeugnis genauestens unter die Lupe zu nehmen. Denn machtlos bist Du bei einer schlechten Bewertung nicht.
Sei es aufgrund der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses oder in Form eines Zwischenzeugnisses: Es kann verschiedene Gründe geben, weshalb Dir ein Zeugnis ausgestellt wird. Wichtig ist, dieses nicht blindlings einzustecken und an die nächste Bewerbung anzuhängen. Stattdessen gilt es, das Arbeitszeugnis zu analysieren. Denn was positiv klingt, muss nicht positiv sein. Hier einige klassische Beispiele: Er/Sie
Negatives ist in diesen Zeilen scheinbar nicht zu finden. Doch die Formulierungen entsprechen in Schulnoten ausgedrückt lediglich einer Vier bis Sechs. Jeder Personaler erkennt daher, dass es sich um ein sehr schlechtes Arbeitszeugnis handelt und wird die Bewerbung mit großer Wahrscheinlichkeit aussortieren. Dieselben Formulierungen würden als Schulnote Eins hingegen wie folgt aussehen: Er/Sie
Du siehst: Manchmal sind es einzelne Worte, die zwischen gutem und schlechtem Arbeitszeugnis entscheiden, manchmal sind es ganze Sätze. So oder so ist es wichtig, Dich einmal mit den typischen Formulierungen auseinanderzusetzen, um einen realistischen Eindruck davon zu gewinnen, wie gut Deine Bewertung wirklich ist.
Es gibt einen Satz, den quasi jedes Arbeitszeugnis enthält und der als allgemeine Leistungsbewertung – sozusagen als Schulnote – gedeutet wird: „Er/Sie erledigte zugeteilte Aufgaben…Zufriedenheit“. So oder so ähnlich lautet die Formulierung und dazwischen sind es die kleinen Wörter, welche über die Note entscheiden:
Ungenügend, im Sinne der Schulnote 6, lautet die Formulierung meist: „Er/Sie hat sich bemüht, die ihm/ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen“. Einen Blick auf die Details dieses zentralen Satzes in Deinem Arbeitszeugnis zu werfen, gibt Dir also bereits einen ersten Eindruck davon, wie gut oder schlecht dieses tatsächlich ist. Doch auch viele weitere Sätze können versteckte Botschaften darüber enthalten, worin Du eher gut warst – und worin eher nicht. So kann der Abschlusssatz „Wir wünschen ihm/ihr alles Gute und Gesundheit“ nach einer gut gemeinten Verabschiedung klingen, doch er lässt vermuten, dass Du überdurchschnittlich oft krankgeschrieben warst.
Für Dich bedeutet das, ganz genau hinsehen und das Arbeitszeugnis kritisch prüfen zu müssen. Das Internet hilft Dir dabei, denn dort findest Du mittlerweile viele Beispiele für typische Sätze im Zeugnis und ihre wahre Bedeutung. Solltest Du dennoch unsicher sein, ob es sich um eine gute oder weniger gute Bewertung handelt, empfiehlt sich der Rat eines Profis. Zeig das Zeugnis zum Beispiel einem befreundeten Personaler, einem speziellen Berater für Arbeitszeugnisse oder einem Fachanwalt. Sie können dieses prüfen und Dir genauestens sagen, wie Du wirklich bewertet wurdest. Das ist nicht nur wichtig, um zu wissen, worauf Dich vielleicht Personaler zukünftig in Bewerbungsgesprächen ansprechen werden oder worin Du Dich verbessern musst – sondern auch, um Dich gegen ein ungerechtfertigt schlechtes Arbeitszeugnis zu wehren.
Machtlos bist Du nämlich keinesfalls, wenn der Arbeitgeber Dich unter der Hand schlecht bewertet hat. Du kannst ein Arbeitszeugnis anfechten. Das gilt sowohl für formale als auch für inhaltliche Fehler – beispielsweise eben einer (zu) schlechten Bewertung. Zuerst solltest Du in solchen Fällen das Vieraugengespräch mit der ausstellenden Person suchen. Ergibt sich hieraus keine Einigung, führt Dich der nächste Gang zum Anwalt. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht wird das Zeugnis prüfen und nach einer außergerichtlichen Lösung mit dem Arbeitgeber suchen. Kommt diese nicht zustande, kannst Du gegen das Arbeitszeugnis klagen. So stehen Deine Chancen gut, dass dieses zumindest ein Stück weit noch nachträglich verbessert wird.
Tipp: Um solche Konflikte zu vermeiden, kannst Du den Arbeitgeber nach der Möglichkeit fragen, das Arbeitszeugnis selbst zu schreiben. Das ist durchaus üblich, denn so spart sich der Arbeitgeber die Mühe und anschließende Unstimmigkeiten. Umso wichtiger ist es dann aber, dass Du auf die richtigen Formulierungen achtest und einen Experten hinzuziehst. Gültig ist das Arbeitszeugnis zudem nur, wenn es schlussendlich vom Arbeitgeber unterschrieben sowie abgestempelt wird. Deine Arbeitsleistung zwar bestmöglich, aber realistisch einzuschätzen, ist daher auch in diesem Fall unabdingbar.
Veröffentlicht
10.06.2021