Nicht immer spielt für Arbeitgeber auf Personalsuche
nur die fachliche Qualifikation eine Rolle. Bewerber können aus vielen Gründen scheitern. Welche
Ablehnungsgründe dabei rechtens sind und welche nicht, erläutern die Arbeitsrechtlerin
Sandra Fläming aus Stuttgart und der Hamburger Arbeitsrechtler
Stefan Lunk:
Dürfen Bewerber abgelehnt werden, weil sie ein Piercing oder ein Tattoo haben?
Grundsätzlich ja.
Arbeitgeber dürfen nach dem Aussehen aussieben – ganz gleich ob es um eine Stelle als Gabelstaplerfahrer oder um einen Posten in einer noblen Steuerkanzlei geht. Was moralisch vielleicht fragwürdig anmutet, ist meist rechtlich zulässig. Trotzdem dürfte der Personaler
Größe, Gewicht oder Optik kaum offen als Ablehnungsgrund anführen, um sich rechtlich abzusichern. Deshalb stehen im Absageschreiben meist leere
Standardphrasen.
Und wenn Bewerber die Stelle nicht bekommen, weil sie eine Frau sind?
Da sieht es anders aus. Wer die Annonce „Sekretärin gesucht“ schaltet und männliche Bewerber ablehnt, hat vor Gericht schlechte Karten. Das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet jegliche Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Auch aufgrund von
ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und der sexuellen Identität dürfen Bewerbern
keine Absage erhalten. Da kann das Aussehen eine Rolle spielen: Ist die schiefe Nase Ausdruck einer Behinderung, können sich der Kläger auf das AGG berufen.
Wann sind Einschränkungen bei der Bewerberauswahl rechtlich erlaubt?
Das hängt von der Tätigkeit ab. Gewisse
Anforderungsprofile hebeln das AGG aus. Gibt es wirklich sachliche Gründe, die nicht nur vorgeschoben sind, ist eine Ablehnung okay. Die Leitung eines Frauenhauses dürfe zum Beispiel offen nur nach weiblichen Sekretärinnen suchen – da greift die Gleichbehandlung der Geschlechter nicht.
Darf Übergewicht eine Rolle bei der Auswahl spielen?
Auch hier gilt allgemein die
freie Entscheidung des Arbeitgebers, und zwar nicht nur bei repräsentativen Tätigkeiten. Nur als Folge einer Behinderung fällt Fettleibigkeit in den geschützten Bereich des AGG. Aber selbst dann kann je nach Job Übergewicht gegen eine Einstellung sprechen.
Darf ich von einer Firma in Baden-Württemberg abgelehnt werden, nur weil ich aus Sachsen komme?
Das kommt ganz darauf an, ob das Gericht die
Sachsen als eigene Ethnie betrachtet. Das Arbeitsgericht Stuttgart lehnte 2010 die Klage einer damals 49-jährigen Buchhalterin ab, die als Ostdeutsche keine Stelle bei einer schwäbischen Fensterbauer-Firma bekam. Auf dem zurückgesandten Lebenslauf hatte der potenzielle Arbeitgeber „(-) Ossi“ vermerkt. Das beurteilte das Gericht zwar als
Diskriminierung, aber nicht als Benachteiligung aufgrund der „ethnischen Herkunft“.
Wie lässt sich Diskriminierung belegen?
In der Praxis eher schwer. Abgelehnte Bewerber müssen eine Benachteiligung vor Gericht
mit Indizien nachweisen. Das kann zum Beispiel eine
diskriminierende Stellenanzeige sein oder eine schriftliche Absage mit unrechtmäßiger Begründung. Wird einer der Ablehnungsgründe lediglich im Vorstellungsgespräch genannt, kann dem Bewerber vor Gericht die Aussage eines
Zeugen helfen.
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