Abfindung bei Kündigung_BW

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Abfindung bei Kündigung: Wer hat Anspruch und womit können Arbeitnehmer rechnen?

Sie haben eine Kündigung erhalten und sind sich unsicher, ob Ihnen eine Abfindung zusteht? Oft bestehen auch Ansprüche, ohne dass die Betroffenen es wissen. Was genau eine Abfindung ist und wann Ihnen diese zusteht, erklärt die Rechtsexpertin Marjam Amirkhalily.


Es ist ein Irrtum zu glauben, dass es einen gesetzlichen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung gibt. Dennoch: In der Praxis ist dieses Vorgehen durchaus üblich – und es gibt Situationen, die eine Abfindungszahlung möglich machen.

So könnte ein Beispiel für einen gelungenen ersten Tag des neuen Mitarbeiters aussehen:
  • Eine Abfindung ist ein finanzieller Ausgleich für den drohenden Verlust Ihres Arbeitsplatzes.
  • Abfindungen werden gezahlt, um einen Rechtsstreit über die Entlassung zu vermeiden.
  • Die Höhe der Abfindung hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von Alter, Unterhaltspflichten, Arbeitsmarktchancen und beruflicher Position.
  • Eine angemessene Abfindung wird meistens erst in einem Rechtsstreit erreicht.
  • Nach Erhalt der Kündigung sollten Sie innerhalb von drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht erheben.

Wie hoch kann eine Abfindung sein?

Abhängig von verschiedenen Faktoren unterscheidet sich die Höhe der Entschädigung – etwa die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, Chancen auf dem Arbeitsmarkt für eine neue Beschäftigung oder bisherige Tätigkeiten rechtfertigen unter Umständen eine größere Summe. Die Höhe der Entschädigung wird aber auch von anderen Faktoren beeinflusst. So spielen die Branche und natürlich Ihr Verhandlungsgeschick ebenfalls eine wichtige Rolle. Meist orientiert sich die Höhe der Abfindung am Bruttomonatsgehalt. Dieses wird mit 0,5 und der Dauer der Betriebszugehörigkeit in Jahren multipliziert. Dieser Wert entspricht der ungefähren Höhe der Abfindung: Beispiel: Herr Mustermann arbeitet seit zehn Jahren bei einer Firma und verdient 3000 Euro brutto im Monat. Hieraus ergibt sich folgende Berechnung: 3000 Euro x 0,5 x 10 Jahre = 15.000 Euro brutto Jetzt Abfindung prüfen

Abfindungen werden gezahlt,

  • wegen eines gerichtlichen Vergleichs: Häufig kommt es im Rahmen einer Kündigungsschutzklage zur Zahlung einer Abfindung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich auf die Abfindung, um langjährige Streitigkeiten zu umgehen, zumal diese meist mit immensen finanziellen Risiken verbunden sind.
  • aufgrund von §1a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), da Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung haben, wenn der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen kündigt und dies auch im Kündigungsschreiben so benennt. Damit macht er deutlich, dass der Verlust des Arbeitsplatzes zwingend notwendig ist und dass es keine anderen Einsatzmöglichkeiten gibt. Verzichtet der Arbeitnehmer auf die Kündigungsschutzklage, erhält er die Abfindung.
  • im Rahmen eines Aufhebungsvertrags, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu der Übereinkunft kommen, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Steht ein Aufhebungsvertrag im Raum, müssen Sie sich entscheiden: Möchten Sie Ihren Arbeitsplatz aufgeben und dafür die Abfindung erhalten? Unterschreiben Sie einen Aufhebungsvertrag allerdings niemals sofort. Die unüberlegte Unterschrift kann zur Folge haben, dass dieser zu Ihrem Nachteil ausfällt oder der Vertrag als freiwillige Aufgabe des Jobs gewertet werden könnte, was zu einer zwölfwöchigen Sperre des Arbeitslosengelds führen kann. Oder Sie warten, bis Ihnen gekündigt wird und klagen dagegen. Im Rahmen einer Klage besteht möglicherweise die Aussicht auf eine höhere Abfindung. Diese Taktik eignet sich allerdings eher für Personen mit dickerem Fell, die den direkten Konflikt mit dem Arbeitgeber nicht scheuen.
  • aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung: Das Arbeitsgericht kann den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verurteilen, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für unzumutbar erklärt wird. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitgeber Sie willkürlich und grundlos einer Straftat  bezichtigt oder Sie durch anderes Verhalten schikaniert und regelmäßig bloßstellt.
  • im Rahmen eines Sozialplans oder als Interessenausgleich: Wird gleichzeitig eine große Anzahl an Mitarbeitern aufgrund großer Änderungen im Betrieb entlassen, sind häufig Abfindungszahlungen vom Arbeitgeber vorgesehen oder werden mit dem Betriebsrat vereinbart (Sozialplan). Hierdurch sollen entstandene wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen werden.
  • aufgrund einer BetriebsvereinbarungArbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass eine Abfindung bei Kündigung gezahlt werden soll, und die Umstände dazu definieren. An diese sogenannte Betriebsvereinbarung ist der Arbeitgeber gebunden. Dies gilt auch für Abfindungsregelungen in Tarifverträgen, wobei diese auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbar sein müssen.

Daneben gibt es noch weitere Gründe, die für die Höhe der Abfindung entscheidend sind:

  • Kündigungsschutz wegen Tarifvertrag, Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung
  • fehlende Abmahnung bei verhaltensbedingter Kündigung
  • gesetzlicher Kündigungsschutz (in der Regel zwischen 2 und 3 Monaten, je nach Dauer des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses)
  • der Arbeitgeber kommt seiner Pflicht zur Eingliederung des Mitarbeiters nach längerer Krankheit nicht nach (z.B. Versetzen in eine andere Abteilung)

Einige Personen genießen als Arbeitnehmer besonderen Schutz und erhalten im Fall einer Kündigung oft eine höhere Abfindung:

  • Mitglieder des Wahlvorstands
  • Mitglieder des Betriebs- oder Personalrats
  • schwangere Frauen oder Mütter
  • Schwerbehinderte oder gleichgestellte Arbeitnehmer
  • Arbeitnehmer ab Antrag auf Pflegezeit und in Pflegezeit
  • Arbeitnehmer mit bereits beantragter Elternzeit und in Elternzeit
  • Datenschutzbeauftragte des Unternehmens
  • Auszubildende und Ausbildungsvertreter

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anwalt.de LogoQuelle: Marjam Amirkhalily ist Redakteurin und Content Managerin bei anwalt.de. Mit über 70.000 veröffentlichten Rechtstipps finden Sie alles zu Kündigung und Kündigungsfristen sowie den aktuellen Abfindungsrechner 2020.  

Veröffentlicht
03.04.2019